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G20 – Ausschreitungen, Sicherheit und der ganze Rest

Tobias M. Eckrich

Bernd Schreiner, Spitzenkandidat der PIRATENPARTEI Thüringens anlässlich dem Abschluss des #G20 Gipfels in Berlin:

»Die mediale Fokussierung auf die Ausschreitungen in Hamburg, auch jetzt im Nachgang zum Gipfeltreffen, lehne ich entschieden ab!
Ob diese als Vorwand weiterer, sogenannter Sicherheitsgesetze dienen sollen, um unsere bereits stark beeinträchtigen Bürger- und Freiheitsrechte weiter zu beschneiden oder von der fehlgeleiteten Entwicklungspolitik der G20 Staaten ablenken soll, ist dabei einerlei.
Wir Piraten lehnen sowohl die weitere, anlasslose Überwachung von uns Bürgern ab, ebenso wie wir die staatlichen Entwicklungshilfeprogramme sehr kritisch sehen.
Es kann nicht sein, dass sich Frau Merkel ernsthaft für Entwicklungshilfe stark macht, – wie sie es schon im Vorfeld betont hat, und Organisationen und Unternehmen wie Bayer Crop Science oder die „Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GMBH“ weiterhin mit Entwicklungshilfegeldern beauftragt, damit diese die lokalen Märkte für deutsche Produkte erschließt. Absurditäten wie die mit 2 Millionen Euro geförderte „European Food Africa“ in Nairobi zeigen die fehlverstandene Entwicklungshilfe auch der Bundesregierung! Die „European Food Africa“ importiert Tiefkühlpizzen und Sahnetorten aus dem Haus Dr. Oetker, obwohl sicherlich auch mit einheimischen Mitteln Pizzen hergestellt werden könnten.
Solange das Motto staatlicher Entwicklungshilfe weiterhin derart ist, wie es der ehemalige Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel ausgedrückt hat, „Jeder Euro, den wir an Entwicklungshilfe ausgeben, dafür sollen vier Euro zurück nach Deutschland kommen.“, sollte sich Frau Merkel die Sonntagsreden sparen!
Ihren Ausruf zum G20 – Gipfel, „Je stärker die Kräfte an ihm ziehen, desto stärker wird der Knoten halten.“ kann man getrost in „Je stärker die Staaten und Konzerne an der Schlinge um Afrikas Hals ziehen, desto mehr schaden wir der dortigen lokalen Entwicklung“ umschreiben und auch die Flüchtlingswellen aus Afrika werden so nicht abreisen.
Ebenso verhält es sich mit der Diskussion zu mehr Überwachung. Doch selbst da fällt der Kanzlerin Merkel kaum mehr ein als: „Wir müssen neu denken lernen.“ Viele Jahre lang hätten Entwicklungspolitiker sich mit Sicherheitsfragen nicht beschäftigt. In einigen Ländern sei „das tägliche Überleben die größte Priorität“. Entwicklung könne es aber nur geben, wo Sicherheit gegeben sei.

Und dort wo die Leute ausreichend Essen finden, einen Job haben und ihre Familien behütet leben können, bietet sich kaum Raum für Extremisten und Terroristen! Zerstören wir Europäer weiterhin mit unserer Wirtschaftsweise lokale afrikanische Märkte, wie mit „Rumpfgeflügel“ genannten Fleischresten aus der subventionierten Geflügelwirtschaft von Wiesenhof und Co, werden sich weiter insbesondere junge Männer gegen dieses System auflehnen und sich bereitwillig Organisationen anschließen die wir gerne als Terroristen betrachten.

Da schließt sich dann der Kreis nach Hamburg, denn auch dort sind sicher einige der Ausschreitungen auf die erkannte Machtlosigkeit der Bürger zurückzuführen, dieser abgehobenen und geschlossenen Politik der G20 etwas entgegen zu setzen. Und finden junge Leute mit ihren Anliegen kein Gehör, erkennen sie darüber hinaus noch Unrecht, ist der Griff zum Stein der gegen Polizeibeamte fliegt nicht mehr fern.«

Ergänzung/Update: Um Missverständnissen vorzubeugen, ich verteidige keinesfalls Gewalthandlungen oder sehe diese als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Dies gilt für die Demonstranten ebenso wie für die staatlichen Einsatzkräfte, – die ebenso Menschen sind und ihren Beruf in der Regel ordentlich ausführen- es aber im Einzelfall durch welche Umstände auch immer zu Übergriffen auf beiden Seiten kommen kann/ kam. Wir müssen zu einem ernsthaften Dialog auffordern, ebenso wie zu ernsthafter Politik, und eben nicht die Augenwischerei wie bei der Entwicklungshilfe und vielen anderen Themen, wo man schöne Reden hält, die gute Werte hochhalten und trotzdem anders handelt. Diese Verlogenheit wie ich sie auch nenne ist ein großes Problem in vielen Politikfeldern und es beginnt im Kleinen und erstreckt sich bis zu den globalen Entscheidern. Wichtig ist, dass viele tausend Menschen friedlich auf die Missstände in Hamburg hingewiesen haben und damit ihr Grundrecht auf Demonstration wahrgenommen haben, wogegen sich eine kleine Minderheit gewalttätig gezeigt hat. Dieser Verschiebung des medialen Fokus auf die Gewaltbereiten war ein Anlass für den Text.