Kinder, Jugend und Familie
Familienbild und Familienförderung
Familienbild
Die Vorstellung einer Familie, bestehend aus Mutter, Vater, Kind(er) hat sich längst überholt. In unserer heutigen Gesellschaft haben sich so viele Lebensmodelle entwickelt, dass das Familienbild neu überdacht werden muss. So gibt es zum Beispiel Familiengebilde, bei denen ein Elternteil allein die Kinder erzieht oder ein gleichgeschlechtliches Paar gemeinsam Kinder aus einer heterosexuellen Vorbeziehung oder adoptierte Kinder erzieht. Allgemein formuliert entsteht das Gebilde Familie dort, wo Kinder – aber auch alte Menschen und Behinderte – in einem vertrauensvollen Verhältnis betreut, erzogen und geliebt werden. Dabei ist es nicht wichtig wie die Menschen zueinander stehen, ob sie verheiratet, verwandt oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft leben. Auf dieser Basis muss auch die Unterstützung solcher Familien reformiert werden. Die bisherige einseitige Förderung von heterosexuellen Ehen muss zugunsten eines neuen Familienbild neu strukturiert werden. Denn aus einer geschlossenen Ehe entsteht nicht zwangsläufig auch eine Familie.
Familienförderung
Die Unterstützung von Familien darf nicht mehr am Aspekt der Ehe festgemacht werden, sondern viel mehr müssen die Kinder und pflegebedürftigen Familienmitglieder im Mittelpunkt stehen. Dabei ist es in allererste Linie wichtig die Pflege, Erziehung und Versorgung überhaupt zu ermöglichen und zu unterstützen. Dies kann direkt durch finanzielle Hilfen geschehen (z.B. Familiensplitting) und indirekt durch den Wegfall von Barrieren im Alltag (z.B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf).
Übergang vom Ehegattensplitting zum Familienplitting
Momentan profitieren nur verheiratete Ehepaare vom Ehegattensplitting, selbst dann, wenn sie gar keine Kinder haben. Ursprünglich diente es zur Förderung von Familien mit Kindern, in denen nur einer der Ehepartner ein Einkommen hatte und der andere sich ausschließlich um die Familie kümmerte. Diese Form der Familienförderung ist aufgrund des neuen Familienbildes nicht mehr zeitgemäß. Eine finanzielle Unterstützung in Form eines Familiensplittings sollte immer dann zum Tragen kommen sobald ein Familienmitglied für die Pflege, Erziehung oder Sorge eines anderen Familienmitgliedes verantwortlich ist. Dabei muss diese Förderung unabhängig davon sein, ob diese Familie aus nur einer alleinerziehenden Person oder einem heterosexuell verheirateten oder homosexuellen Paar besteht. Die Steuervergünstigung für die Familienmitglieder endet, sobald sie jeweils keinem Kind mehr gegenüber unterhaltspflichtig sind oder die Verantwortung für die Pflege und Sorge gegenüber einem anderen Familienmitglied endet. Um den Widerstand gegenüber einer solchen Neuregelung zu mindern und um finanzielle Härten zu vermeiden, soll Paaren, die vor der Einführung dieser Neuregelung bereits verheiratet waren, Bestandsschutz gewährt werden.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die PIRATEN Thüringen setzen sich für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Die folgenden möglichen Maßnahmen zur Verbesserung sorgen nicht nur für Chancengleichheit, sondern bieten den Unternehmen nachweisbare Vorteile durch ein familienfreundliches Betriebsklima. Dabei sind die Berücksichtigung und Akzeptanz der familiären Verpflichtungen ein Merkmal für ein familienfreundliches Unternehmensklima. Wichtig hierbei ist nicht nur die Haltung der Unternehmensleitung, sondern auch die der Kollegen. Familienfreundliche Maßnahmen müssen keineswegs kostenintensiv sein. Wichtiger ist vielmehr, die Arbeitsbedingungen den Erfordernissen genau anzupassen.
Möglichkeit zur Reduzierung der Arbeitszeit
Teilzeitangebote erleichtern entsprechend die Vereinbarkeit von Beruf und privater Zeitverwendung. Bei den Vereinbarungen über Umfang und Verteilung der Arbeitszeiten muss berücksichtigt werden, welchen zeitlichen Spielraum die Beschäftigten haben. So sind gerade Beschäftigte mit Kindern häufig auf planbare Arbeitszeiten angewiesen.
Flexibilität im Tagesablauf
Gleitzeitregelungen erlauben den Beschäftigten, Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens selbst zu bestimmen. Durch höhere Entscheidungsfreiräume und persönliche Flexibilität, kann beruflicher und familiärer Zeitbedarf besser abgestimmt werden. Freie Pausenregelungen erhöhen auch die Zeitsouveränität.
Berücksichtigung familiärer Zeitbedarfe
Wenn Eltern in den Ferienzeiten arbeiten, ergibt sich ein zusätzliches Betreuungsproblem. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann, durch die Berücksichtigung der Schulferien bei der betrieblichen Urlaubsplanung, gefördert werden. Während eine Urlaubsplanung in vielen Betrieben jährlich geplant wird und man sich schon frühzeitig über Urlaubswünsche abstimmt, ist in familiären Notfallsituationen oftmals eine kurzfristige Freistellung der Beschäftigten notwendig. Familienfreundliche Lösungen bestehen zum Beispiel in einer unbezahlten Freistellung als Sonderurlaub oder einer bezahlten Freistellung als Zusatzurlaub. Einen besonderen Vorteil für Familien bieten Regelungen, wie die Kinderbonuszeit, bei denen Beschäftigten mit Kind zusätzliche Freistunden oder Tage gutgeschrieben werden.
Arbeit von zu Hause
Heimarbeit bietet gute Möglichkeiten, sich die Arbeitszeiten flexibel einzuteilen – und damit verbesserte Chancen für die Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Interessen.
Das Recht von Kindern auf körperliche Unversehrtheit schützen!
Die PIRATEN Thüringen lehnen vehement alle Versuche ab, über gesetzliche Sonderregelungen, Dienstanweisungen oder das Aussetzen von Strafverfolgung aus nichtmedizinischen Gründen erfolgende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit von Kindern straffrei zu stellen. Derartige Bemühungen widersprechen diametral den Regelungen und Geboten des Grundgesetzes (insb. Art. 2 und 3) und der UN-Kinderrechtskonvention. Das fundamentale Recht jedes Kindes auf Menschenwürde, körperliche, seelische und sexuelle Integrität sowie freie Wahl einer Religion darf nicht angetastet werden. Wir setzen uns dafür ein, dass religiöse und anderweitige Bräuche und Traditionen, die der Gesundheit von Kindern schaden, abgeschafft werden (entsprechend Art. 24 Abs. 3 der Kinderrechtskonvention). Dazu ist der Dialog mit Vertretern der Religionen, den Betroffenen, Medizinern, Kinderschutzverbänden, sowie Ethikern und Juristen zu suchen.
Kinder BGE
Die PIRATEN Thüringen setzten sich für eine Grundsicherung aller Kinder – auch Flüchtlingskinder – ein, die mindestens der Höhe des soziokulturellen Existenzminimums (aktuell lt. Bundestag: 536 €) entspricht. Zur Umsetzung dieser Forderung ist es der den PIRATEN Thüringen gestattet mit anderen Organisationen zu kooperieren, die dasselbe Ziel verfolgen. Ziel ist es ein konkretes Modell zu erarbeiten. Darin wird festgelegt, bis zu welchem Alter die Kindergrundsicherung gezahlt wird und welche anderen familienunterstützenden Leistungen an ihrer Stelle gekürzt bzw. abgeschafft werden können. Sobald ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger eingeführt wird, das für Kinder mindestens der genannten Höhe entspricht, ist die Forderung nach einer Kindergrundsicherung hinfällig.
Kinderfreundliche Verkehrsplanung
Die PIRATEN Thüringen fordern, wirksame Schutzmaßnahmen für die Kinder bei der Verkehrsplanung vorzunehmen. Um Kinderunfälle wirksam zu vermeiden, muss der von Kindern mitbenutzte Straßenraum durch bauliche und technische Maßnahmen „kindersicher” angepasst werden. Dadurch können sich Kinder ohne große Risiken in diesem Verkehrsraum bewegen. Leider gelten heutzutage bei der Stadtplanung meist andere Prioritäten, die den Interessen von Kindern häufig zuwiderlaufen. Verkehrsplaner berücksichtigen viel zu selten die entwicklungsbedingten Grenzen der Verkehrsteilnahme von Kindern. Zu einer kinderfreundlichen Verkehrsplanung und -regelung gehören folgende Elemente:
Geschwindigkeitsreduzierung von Tempo 50 auf Tempo 30 in Städten und Gemeinden an Gefahrenstellen, Kindergärten, Schulen und Spielplätzen- auch auf Hauptstraßen, die Wohn- oder Schulgebiete durchqueren.
Damit Kinder wieder ohne Gefahr auf der Straße spielen können, sollten in Wohngebieten verstärkt verkehrsberuhigte Bereiche eingerichtet werden.
Kinderfreundliche Parkraumbewirtschaftung in Wohn-, Schul- und Einkaufsgebieten.
Kinderfreundliche Querungshilfen: Ampelgeregelte Fußgängerüberwege stellen nach Unter- und Überführungen die sicherste Überquerungshilfe für Kinder dar und sind somit einem Zebrastreifen oder einer Mittelinsel vorzuziehen. Damit sie aber eine optimale Kindersicherheit bieten, müssen sie folgende Kriterien erfüllen:
Der abbiegende Verkehr (Links- und Rechtsabbieger) sollte nicht gleichzeitig mit den überquerenden Fußgängern und Radfahrern „GRÜN” haben.
Die Überquerung der gesamten Fahrbahn sollte in einem Durchgang möglich sein, denn das Warten auf Mittelinseln ist für Kinder sehr ungünstig, da sie oft bei „ROT” weitergehen.
Die Grünphase muss ausreichend lang sein, damit Kinder noch Zeit haben, nach beiden Seiten zu schauen.
Die Wartezeit bis zur Grünphase darf nicht zu lang sein, denn Kinder haben nur wenig Geduld.
Die Überwege sollten nicht zu weit entfernt sein, denn Kinder akzeptieren keine großen Umwege.
Druckampeln sollten mit Bildern gut als solche gekennzeichnet werden, denn Kinder übersehen oft den Druckknopf für Erwachsene.
Kinderfreundliche Haltestellen für Busse und Straßenbahnen: Haltestellen sollten ein sicheres Ein- und Aussteigen für Kinder ermöglichen. Sie sollten übersichtlich sein und eine ausreichend große Wartefläche aufweisen, damit die Kinder nicht aus Platzmangel auf die Fahrbahn treten müssen.
Arbeit und Soziales
Menschenwürde
Die PIRATEN Thüringen setzen sich für eine Vereinfachung der Verfahren, bei konsequenter Achtung der Menschenwürde und der Privatsphäre, beim Erhalt staatlicher Unterstützung ein.
Re-Regulierung der Arbeitswelt
Die Deregulierung der Arbeit im Zuge der Agenda 2010 und der nachfolgenden Reformen hat zu einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit geführt. Jedoch entstanden vor allem prekäre Arbeitsverhältnisse, die oftmals nicht zum Leben reichen und in Zukunft zu Altersarmut führen werden. Leiharbeit und Mini-Jobs verlagern das unternehmerische Risiko immer mehr auf die Mitarbeiter und werden genutzt, um tarifliche Standards zu unterlaufen. Da die Deregulierung als Mittel zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensverhältnisse versagt hat, ist es Zeit, diesen Fehler zu korrigieren.
Leiharbeit – Synchronisationsverbot
Die PIRATEN Thüringen sprechen sich dafür aus, das Synchronisationsverbot wieder in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) aufzunehmen. Sachgrundbefristungen auf der Grundlage von zeitlich befristeten Aufträgen von Entleihunternehmen sind zu verbieten. Derartige Befristungen sollen nur im Fall von Schwangerschafts/Elternzeit-Vertretung oder bei längerer Krankheit von Mitarbeitern möglich sein. Nach Ende eines Einsatzes soll der Mitarbeiter für mindestens ein Viertel der Einsatzdauer vom Verleiher weiterbeschäftigt werden. Damit werden die Verleiher motiviert, sich um weitere Einsätze aktiv zu bemühen.
Leiharbeit – Definition von „vorübergehendem Einsatz“
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) regelt, dass das Überlassen von Arbeitnehmern „vorübergehend“ erfolgt, definiert diesen Zeitraum jedoch nicht. Ein Verleih soll grundsätzlich nur noch für eine Höchstdauer von 12 Monaten erlaubt sein. Bei Unterbrechungen von höchstens einem Monat sind die Einsatzzeiten zu addieren. Mit dieser Festlegung soll Rechtssicherheit hergestellt werden.
Leiharbeit – mehr Rechte für Betriebsräte im Entleihbetrieb
Betriebsräte sollen das Recht erhalten, Leiharbeit abzulehnen, wenn ein Arbeitsplatz länger als die maximale Verleihdauer von 12 Monaten mit Leiharbeitern besetzt werden soll, auch wenn der Arbeitsplatz in diesem Zeitraum mit verschiedenen Arbeitskräften besetzt ist.
Leiharbeit – Flexibilitätszuschlag
Leiharbeiter sollen für ihre Flexibilität und die geringere Arbeitsplatzsicherheit einen Zuschlag auf die Entlohnung gegenüber den Festangestellten bekommen. Findet die für diese Arbeit übliche Entlohnung nach Tarifvertrag statt, soll der Zuschlag zum Tariflohn für die Leiharbeiter durch die Tarifpartner vereinbart werden. Für Bereiche, in denen keine Tarifverträge existieren, sind mindestens um 15 % höhere Bezüge gegenüber den Festangestellten gleicher Qualifikation und Tätigkeit zu zahlen.
Unterstützung von Mitarbeiterverleih zwischen Unternehmen einer Branche
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) lässt den Verleih von Mitarbeitern zwischen Unternehmen der gleichen Branche ausdrücklich zu. Diese Variante ist geeignet, Auftragsschwankungen auszugleichen. Die Arbeitsverträge bleiben dabei unverändert erhalten, Kurzarbeit und Entlassungen werden vermieden. Deshalb soll diese Möglichkeit des Mitarbeiteraustauschs aktiv, etwa durch die Einrichtung einer entsprechenden Stellenbörse, gefördert werden.
Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung bei Werkverträgen
Nachdem eine Besserstellung der Leiharbeiter durch Gesetze und Tarifverträge erreicht wurde, weichen Unternehmen zunehmend auf Werkverträge aus, um Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu unterlaufen. Bisher ist eine Ablehnung von Werkverträgen durch Betriebsräte nur möglich, wenn dadurch die Stammbelegschaft benachteiligt wird. Bei Werkverträgen, die im Bereich der typischen Unternehmenstätigkeit liegen, sollen Betriebsräte ein Recht zur Ablehnung erhalten, wenn dabei reguläre Beschäftigung abgebaut, der Aufbau von regulärer Beschäftigung vermieden wird oder die Beschäftigten des Werkvertragnehmers bei vergleichbarer Arbeit schlechter entlohnt werden als die Stammbelegschaft.
Gesetz gegen den Missbrauch von Werkverträgen
Analog zum Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit soll ein Gesetz zum Missbrauch von Werkverträgen verabschiedet werden. Als Missbrauch zu verbieten sind insbesondere die Gründung von Tochterunternehmen, die als Werkvertragnehmer tätig werden, und die Beschäftigung von Personen im Rahmen von Werkverträgen, wenn diese Personen im vorangegangenen Jahr im Einsatzbetrieb regulär beschäftigt wurden (Drehtürklausel). Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist für Werkverträge festzuschreiben.
Verbot der Vermittlung unbezahlter Praktika zur „Erprobung“ von Arbeitslosen
Die Vermittlung von Arbeitslosen in unbezahlte Betriebspraktika zum Zwecke der Erprobung soll verboten werden, weil sie Missbrauch fördert und Arbeit nicht angemessen vergütet wird. Die Möglichkeit von bezahlten Praktika kann jedoch eingeräumt werden. Als Ausnahme vom Verbot können Praktika im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen vereinbart werden, die vorrangig der Ausbildung und Vermittlung fachbezogenen Wissens dienen. In diesem Fall ist die Ausbildungsleistung detailliert nachzuweisen
Streichung des §91 des ThürPersVG – Einschränkung der Mitbestimmung bei Mitarbeitern mit vorwiegend wissenschaftlicher Tätigkeit
Das Thüringer Personalvertretungsgesetz gewährt ein beschränktes Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen, Verlängerung von Befristungen, Umgruppierungen und Umsetzungen (§75). Die Mitbestimmung kann nur auf Antrag des Beschäftigten ausgeübt werden. Eine nicht beschränkte Mitbestimmung erfolgt bei Entlassungen (§78). Durch §91 werden Mitarbeiter mit vorwiegend wissenschaftlicher Tätigkeit von diesen Regelungen ausgeschlossen, sodass eine Mitbestimmung durch den Personalrat noch nicht einmal auf Antrag des Mitarbeiters möglich ist. Die Piraten Thüringen setzen sich für die Streichung des §91 und die damit verbundene Schlechterstellung wissenschaftlicher Mitarbeiter ein.
Ersetzung von Lehraufträgen durch reguläre Stellen
Seit Längerem wird in Thüringen der sogenannte akademische Mittelbau abgebaut und durch studentischen Tutoren und Lehrbeauftragte ersetzt. Lehraufträge sind hochgradig prekäre Arbeitsverhältnisse. Vergütet werden grundsätzlich nur tatsächlich gehaltene Lehrveranstaltungen. Vorbereitungen, Fachgespräche mit Studenten und teilweise sogar die Korrektur von Prüfungsarbeiten werden nicht vergütet. Lehrbeauftragte werden auch bei der Bereitstellung von Arbeitsplätzen und Arbeitsmitteln systematisch benachteiligt. Insbesondere in den Gesellschaftswissenschaften führen diese Verträge zu prekären Lebensverhältnissen bis hin zum Sozialhilfebezug. Die Piraten Thüringen setzen sich dafür ein, Lehraufträge an Thüringer Hochschulen systematisch durch reguläre Arbeitsverhältnisse zu ersetzen.
Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert wird: Arbeitnehmer, die anderen Betrieben überlassen werden, sollen für diese Flexibilität und die geringere Arbeitsplatzsicherheit einen Zuschlag auf die Entlohnung gegenüber den Festangestellten bekommen. Findet die für diese Arbeit übliche Entlohnung nach Tarifvertrag statt, soll der Zuschlag zum Tariflohn für die überlassenen Arbeitnehmer durch die Tarifpartner vereinbart werden. Für Bereiche, in denen keine Tarifverträge existieren, sind mindestens um 15% höhere Bezüge gegenüber den Festangestellten gleicher Qualifikation und Tätigkeit zu zahlen.
Ausweitung der umlagefinanzierten Sozialversicherung
Die PIRATEN Thüringen fordern, dass die gesetzlichen Sozialversicherungen (Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) ausschließlich umlagefinanziert werden.
Dabei sollen alle Bürger und alle Einkommensarten gleichermaßen an der Finanzierung beteiligt werden.
Beitragsbemessungsgrenzen lehnen wir ab.
Der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen bei Einkünften aus nichtselbständiger Beschäftigung soll 50% betragen. (Rückkehr zur paritätischen Finanzierung).
Sonderbeiträge (Rezeptgebühren, Praxisgebühren, Zuzahlungen …), die einseitig die Beschäftigten belasten, lehnen wir ab.
Ein privater Sektor kann ohne staatliche Subventionen neben dem allgemeinen, umlagefinanzierten existieren, jedoch nur in Form zusätzlicher Versicherung über das Maß der gesetzlichen Leistungen hinaus.
Gesundheit und Suchtpolitik
Solidarische Gesundheitspolitik
Die PIRATEN Thüringen fordern eine solidarische Gesundheitspolitik. Die Gesundheit des Menschen soll nicht länger als Ware gesehen werden. Eine gute Gesundheitsversorgung ist für uns Piraten neben gleichen Bildungschancen der Maßstab für die Stärke unseres Gemeinwesens, welches die Teilhabe für alle garantieren muss. Ein gerechter und einheitlicher Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung und Prävention für alle Menschen sind dafür zentrale Voraussetzungen. Die PIRATEN Thüringen lehnen deshalb die Zwei-Klassen-Medizin vehement ab und setzen sich für eine solidarische Gesundheitspolitik ein.
Qualität statt Quantität
Qualität soll in der gesundheitlichen Versorgung stärker sichtbar und bei der Honorierung berücksichtigt werden. Durch anonymisierte Informationen zur Behandlungsqualität werden die Patienten besser in die Lage versetzt, den für sie geeigneten medizinischen Dienst auszuwählen. Durch neue Vergütungsstrukturen im Zuge einer Honorarreform können zudem mehr Anreize für Qualitätsverbesserungen und eine bessere Versorgung in strukturschwachen Regionen geschaffen werden. Dabei sollen nicht einzelne medizinische Werte, sondern der gesamte Gesundheitsnutzen für die Patienten stärker honoriert werden.
Transparenz und Korruptionsbekämpfung
Medikamente sollen Menschen helfen. Damit nachvollzogen werden kann, welche Unterschiede es zu vermeintlich gleichen Medikamenten gibt, setzen sich die PIRATEN Thüringen für die Bereitstellung transparenter Informationen über Qualitäts- und Leistungsunterschiede ein. Unabhängige Arzneimittelforschung kann nur gewährleistet werden, wenn die Qualität der Gesundheitsversorgung nicht von Patentanwälten bestimmt wird. Zudem sollen alle Studien über Medikamente und deren Wirkung veröffentlicht werden.
Ablehnung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)
Die PIRATEN Thüringen sprechen sich gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) aus. Die eGK ist ein überflüssiges und zudem teures IT-Projekt, das keinen Mehrwert für Versicherte, Patienten und Ärzte bringt, aber durch das fragwürdige Konzept einer zentralen Speicherung sensibler Patientendaten mit enormen Risiken eines Datenmissbrauchs verbunden ist. Die geplante Ausweitung von Kartenfunktionen über das derzeitige Maß der Verwaltung von Versichertendaten hinaus, gefährdet die informationelle Selbstbestimmung der Patienten, leistet staatlichen Kontroll- und Überwachungstendenzen Vorschub und führt durch die Verquickung mit unter Umständen kostenpflichtigen Angeboten und „Mehrwertdiensten“ zu einer noch stärkeren Kommerzialisierung des Gesundheitswesens. Die Einführung der eGK erhöht überdies den Verwaltungsaufwand und die Bürokratie in Arztpraxen beträchtlich und entzieht Patienten und Ärzten wertvolle Zeit für Gespräch, Aufklärung und Behandlung.
Freiheitliche und verantwortliche Drogenpolitik in Thüringen
Art. 2 Abs.1 des Grundgesetzes sichert jedem Bürger der Bundesrepublik Deutschland das „Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ zu, soweit er damit nicht die Rechte anderer verletzt. In diesem Sinne sollte jeder Bürger frei darüber entscheiden können, ob, in welcher Weise und mit welchen Hilfsmitteln man sein Alltagsbewusstsein verändert oder erweitert und zu welchem Zweck dies geschieht. Es gibt keinen Grund, einem Menschen dieses natürliche „Recht auf Rausch“ abzusprechen, soweit dieses Recht selbstverantwortlich und in freier Entscheidung wahrgenommen wird. Trotz des Vorstoßes verschiedener Gerichte im Sinne einer größeren Toleranz erging am 9. März 1994 das so genannte „Cannabis-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 90, 145), das ein „Recht auf Rausch“ verneint und den Vorrang von Strafvorschriften im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) betont. Die Diskrepanz zur Freiheit des Einzelnen über sein Leben, seinen Körper und die Art und Weise, sich selbst und die Welt wahrzunehmen selbst zu entscheiden, ist offensichtlich. Unabhängig davon ist seit langem bekannt, dass Verbote und Strafandrohungen in diesem Bereich zu kontraproduktiven Auswirkungen führen, insbesondere die anhaltende Kriminalisierung von ansonsten unbescholtenen Konsumenten, die Unterstützung des organisierten Verbrechens, der Verlust der Kontrolle über Handel, Geldfluss und Substanzreinheit sowie sozial schädliche Nebeneffekte wie Drogenkriminalität, Beschaffungsprostitution, Geldwäsche u.a. Trotz dieser für jeden Menschen nachvollziehbaren Argumentation zugunsten der persönlichen Freiheit existieren eine Vielzahl von Problemen, die mit einem möglichst freien Umgang mit Drogen einhergehen und nicht einfach ignoriert werden können. Aufgrund der Komplexität und vielfältiger moralischer, ideologischer oder religiöser Einstellungen zu diesem Thema ist die Gesellschaft in dieser Hinsicht stark gespalten. Der gesellschaftliche Kontext, in dem heutzutage Drogen eingenommen werden, hat sich im Vergleich zu früheren Zeiten stark geändert. Während früher Drogen oft in einem rituellen, bewusstseinserweiternden oder religiösen Kontext eingenommen wurden, stehen heute Stimmungsveränderung und Unterhaltung im Vordergrund. Dies geht oft mit Unwissen, Leichtfertigkeit, Verantwortungslosigkeit, Suchtverhalten und Selbstschädigung einher. Die Zahl der chemisch gewonnenen oder synthetisierten Substanzen ist mittlerweile unüberschaubar geworden. Die Grenzen zu ansonsten im Umlauf befindlichen Substanzen und Produkten, insbesondere zu Medikamenten (Psychopharmaka, Schmerzmittel, Amphetaminen, Narkotika, Antidepressiva), aber auch zu Aphrodisiaka, Kräutern, Rauchmischungen usw. sind fließend und kaum noch zu ziehen. Ein (selbst-)verantwortlicher Umgang mit Drogen ist insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei gesellschaftlichen Randgruppen, Minderheiten, geistig Behinderten usw. nicht von vornherein gegeben. Manche Substanzen (insbesondere Morphinderivate) sind für Heranwachsende extrem schädlich. Eine grundsätzliche Freigabe aller Drogen, wie sie teilweise gefordert wird, lehnen die PIRATEN Thüringen daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Den Weg zu einer modernen, zukunftsorientierten und freiheitlichen Drogenpolitik verstehen die PIRATEN Thüringen als einen gesamtgesellschaftlichen Prozess, der Zeit, sachliche Auseinandersetzung und eine demokratische Willensbildung unter Einbeziehung möglichst vieler Bürger erfordert. Dazu sehen wir folgende Schritte als notwendig und erfolgversprechend an:
Klärung der derzeitigen Thüringer Handhabung der Eigenbedarfsregelung: Einforderung der Festlegung einer Eigenbedarfsmenge in Thüringen gemäß §31 BtMG und Vereinheitlichung der Vorgehensweise der Thüringer Staatsanwaltschaften.
Forderung einer allgemeinen gesetzlichen Regelung zur Straffreiheit von Mindermengen zum Eigenbedarf: Aus der derzeitigen Kann-Bestimmung sollte möglichst schnell eine bindende gesetzliche Regelung werden, mit der die Kriminalisierung von Konsumenten aufhört. Ist dieses Ziel bundespolitisch nicht zu erreichen, sollte Thüringen diese gesetzliche Regelung im Alleingang für das Bundesland schaffen.
Perspektivisch einzelne Drogen und Substanzen freigeben: Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, perspektivisch bestimmte Drogen gänzlich aus dem strikten Verbot des BtMG herauszunehmen und reguliert freizugeben. Der Handel dieser freigegebenen Pflanzen, Produkte und Substanzen sollte unter staatlicher Kontrolle erfolgen; Gewinne sind sinnvoll in Information, Aufklärung, Suchtbehandlung usw. zu investieren. Der Besitz zum Zwecke des Eigenbedarfs und Konsums wird straffrei gestellt. Dafür sind ergänzende Vorschriften zu schaffen (Verkauf, Preise, Angebot, Substanzproduktion und -reinheit, Konsumverbot im Straßenverkehr usw.). Diese Freigabe wird in ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft (Gesundheitskosten, Jugend, Kriminalität usw.) nach einer bestimmten Zeit von unabhängiger wissenschaftlicher Seite evaluiert. Fällt diese Evaluation positiv aus, fordern wir
langfristig eine grundlegende Überarbeitung und Neufassung der Drogengesetzgebung, wobei die Freigabe der meisten diesbezüglichen Substanzen in Betracht gezogen werden soll. Dabei muss es weiterhin die Möglichkeit geben, bestimmte Substanzen aufgrund ihrer gesundheitsschädigenden, manipulierenden oder suchterzeugenden Wirkung oder anderen gesellschaftlichen Aspekten zu verbieten. Da die PIRATEN Thüringen klar für direkte Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung eintreten, wäre zu diesem Zeitpunkt auch ein Volksentscheid in Betracht zu ziehen.
Umsetzung des Heimgesetzes
Die PIRATEN Thüringen setzen sich für eine konsequente Umsetzung des alten Bundes-Heimgesetzes (HeimG) auch in Thüringen und die regelmäßige Kontrolle der Einhaltung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften ein. Zum Schutze der Heimbewohner muss diese Kontrolle in jeder Pflegeeinrichtung mindestens einmal pro Jahr erfolgen. Zusätzlich sollen auch unangekündigte Kontrollen durchgeführt werden. Zu diesem Zwecke ist die Heimaufsicht personell aufzustocken und mit mehr Befugnissen auszustatten. Außerdem sind rechltiche Vorkehrungen zu schaffen, damit bei grober Missachtung der Pflegevorschriften, zum Wohle der Patienten, auch strafrechtlich gegen die verantwortlichen Heimleitungen vorgegangen werden kann.
Migration und Integration
Das Ziel von Integration ist die Inklusion, das friedliche Zusammenwachsen zu einer Gemeinschaft, in der die demokratische, kulturelle und wirtschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen nicht von Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Lebensalter, religiöser Überzeugung, körperlichen und geistigen Fähigkeiten oder finanzieller Lage abhängt. Die Verantwortung für Gelingen oder Scheitern dieses Prozesses obliegt der Gesamtheit unserer Gesellschaft und damit jedem Einzelnen. Solidarität und Verständigung zwischen allen Menschen, unabhängig von ihrem rechtlichen Status und ihrer Herkunft, sind für uns ein hohes Gut. Rassismus jeder Art und andere Formen der Ausgrenzung lehnen wir ab.
Freizügigkeit
Die im Grundgesetz verankerte Freizügigkeit soll für alle Menschen in unserer Gesellschaft gelten. Jeder hat das Recht zur freien Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes. Daher sprechen wir uns gegen Maßnahmen aus, die Migration verhindern.
Demokratische Beteiligung
Menschen sollen an Entscheidungen, von deren Folgen sie unmittelbar betroffen sind, und den vorbereitenden demokratischen Prozessen, möglichst umfassend beteiligt werden. Deshalb haben alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Thüringen haben, das Recht auf umfassende demokratische Mitbestimmung auf allen Ebenen der städtischen Politik. Darüber hinaus ist die Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit deutlich zu erleichtern. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland ist anzustreben. So wird das Wahlrecht auch auf Landes- und Bundesebene ermöglicht.
Freier Zugang zu Bildung und Wissen
Der freie Zugang zu Informationen, Wissen und Bildung ist Grundlage für die Teilhabe jedes Einzelnen an unserer Gesellschaft. Dieser Zugang ist für alle Menschen, die in Thüringen ihren Lebensmittelpunkt haben, gleichermaßen zu gewährleisten. Hierfür sind eventuelle Hindernisse wie Ausbildungsverbote für Asylsuchende und der Status als geduldeter Flüchtlinge zu beseitigen. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für Austausch, Verständigung und demokratische Beteiligung. Mehrsprachigkeit ist jedoch ein zusätzlicher Gewinn für die Gesellschaft. Daher sind im Bildungssystem der Spracherwerb in der jeweiligen Erstsprache und in weiteren Sprachen zu fördern. Außerdem sind umfangreiche Möglichkeiten für einen mehrsprachigen Unterricht zu schaffen. In öffentlich finanzierten Einrichtungen sollte der kostenfreie Zugang zu traditionellen und neuen Medien gewährleistet werden. Dies gilt auch für die so genannten Erstaufnahmeeinrichtungen.
Zugang zum Arbeitsmarkt
Die Beteiligung am sozialen und kulturellen Leben steht und fällt mit der Möglichkeit, sich im Arbeits- und Wirtschaftsleben zu etablieren. Daher setzen wir uns für einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt ein. Dies schließt die Gewährung einer uneingeschränkten Arbeitserlaubnis für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge sowie die weiterreichende Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus dem Heimatland mit ein.
Inklusion
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
Um jedem Menschen die gesellschaftliche und politische Teilhabe am Leben zu ermöglichen, fordern die PIRATEN Thüringen eine zeitnahe Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese beinhaltet die Inklusion von Menschen mit Behinderung und der damit verbunden Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen und einem selbstbestimmten Leben. Durch Stigmatisierung sind in vielen Bereichen Behinderte, Menschen zweiter Klasse. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf:
Recht auf eine geheime Wahl
Barrierefreie öffentliche Gebäude
Zugang zu barrierefreien Formularen im Internet
Umsetzungsschwierigkeiten sollen zusammen mit den Betroffenen erarbeitet werden und z. B. im „Außerparlamentarischen Bündnis für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Thüringen“ gelöst werden.