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Der Papst kommt… aber zu wem kommt er und um welchen Preis?

In den letzten Monaten wurde besonders durch angekündigte Einschränkungen vielen Erfurtern klar, dass ihre Stadt demnächst einen recht bekannten Gast begrüßen wird: Papst  Benedikt XVI. Er wird bei seiner „Deutschland-Tour“ auch eine Messe in Erfurt halten. Tausende Gläubige haben sich bereits für dieses Ereignis angemeldet, sämtliche Hotels der Stadt sind bereits ausgebucht und verschiedene Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.

Viele Bürger sind aufgrund der mangelhaften Informationspolitik seitens der Stadt, des Landes und der katholischen Kirche  verunsichert. Wie weit die persönlichen Einschränkungen im Umfeld des Besuchsortes „Ihrer Eminenz“ und somit des Wohnbereiches sehr vieler Erfurter in dieser Zeit reichen werden, zeichnet sich immer deutlicher ab. Erste Fakten wurden durch die Stadt Erfurt auf deren Website zusammengetragen und viele Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten. [1]

Einige Punkte in diesem Dokument lassen schwerwiegende Erinnerungen an Zeiten ehemals bestehender Diktaturen deutlich hervorkommen. So werden Anwohner darauf hingewiesen, dass ihre Wohnungen im sogenannten „Sicherheitsbereich“ durch die Polizei ohne vorliegenden Durchsuchungsbeschluss (§ 105 StPO) [2] und ohne begründeten Tatverdacht (§ 165 StPO) [3] durchsucht werden dürfen. Dieses Vorhaben verstößt gegen das ausdrückliche Recht auf „Unverletzlichkeit der Wohnung“ (Art. 13 GG) [4]. Zu einer Durchsuchung hat die Polizei  außerhalb der oben genannten Punkte im Sinne des StGB und der StPO keinerlei Rechte. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass Fenster der Anwohner zu schließen sind, so dass diese die Feierlichkeiten nicht beobachten können und außerdem kein Sicherheitsrisiko darstellen. Dieser Punkt verstößt ebenfalls gegen das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und gegen das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Individuums (Art. 2 GG) [5]. Somit wird hier  gleich mehrfach gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstoßen. Im weiteren Verlauf des Dokuments wird außerdem verlangt, dass Anwohner sich jederzeit ausweisen müssen. Dies wäre beinahe noch legitim, jedoch muss ankommender Besuch in dieser Zeit bei der Stadt angemeldet werden und darf den Besuchsbereich nur an bestimmten Kontrollpunkten mittels Einlasskarte passieren. Ein Vorhaben, das in totalitären Überwachungsstaaten gebräuchlich ist und keinesfalls in einer vernünftigen Relation steht. Bei dem Besuch des Papstes werden also alle anwohnenden Bürger unter einen Generalverdacht gestellt, böswillige Absichten gegen das Kirchenoberhaupt zu hegen und Verbrechen begehen zu wollen.

Hier drückt die Organisation um den Besuch des Oberhauptes der katholischen Kirche den krassen  Gegensatz zu dem aus, was der Papst selbst so gern predigt, nämlich Vertrauen, Verständnis und Menschenliebe.

Nach der Begründung der Stadtverwaltung, sowie die damit billigend in Kauf genommene pauschale Verurteilung aller betroffenen Erfurter, wird ihnen insgesamt theoretisch vorgeworfen, nach § 89a StGB die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder nach § 129a die Bildung einer terroristischer  Vereinigungen zu planen. [6]

Berufstätige Bürger trifft es besonders hart. Einige Schulen und Kindergärten werden in diesem Zeitraum geschlossen. Das Land hat sogar einen schulfreien Tag angeordnet und eine Aufsicht für die Kinder ist in dieser Zeit nicht gewährleistet, so dass wohl viele Eltern Zwangsurlaub nehmen müssen.

Die Piratenpartei steht einerseits für absolute Religions- und Meinungsfreiheit, jedoch auch für den Erhalt der größtmöglichen Freiheit des Individuums sowie der Grund- und  Bürgerrechte.

Bei einer solchen Veranstaltungen ist es zwingend erforderlich,  die Aspekte der Sicherheit mit den Bürgerrechten in Einklang zu bringen. Dies ist in der aktuellen Fassung des veröffentlichten Sicherheitskataloges nicht gegeben. Die PIRATEN Thüringen fordern deshalb die Stadt Erfurt und das Land Thüringen dazu auf, diesen zu überarbeiten und davon abzusehen, Vorkehrungen zu treffen, welche gegen geltende Gesetze verstoßen und die Bürger- und Grundrechte unseres Staates missachten.

 

Quellen:

[1] http://www.erfurt.de/ef/de/service/aktuelles/topthema/papstbesuch/40189….

[2] http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__105.html

[3] http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__165.html

[4] http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_13.html

[5] http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_2.html

[6] http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/index.html

 

Bild: Komposition von BS mit Bestanteilen u.A Papstbild von Fabio Pozzebom/ Agência Brasil Creative unter  Commons Atribuição 2.5 Brasil und gemeinfreiem Werk von Thuringius