Kommentar:
Am vergangenen Freitag folgten viele Bürgermeister und andere Vertreter der Kommunen einer Einladung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen e. V. aus äußerst wichtigem Grund nach Erfurt. Anlass für dieses Zusammentreffen waren die Kürzungspläne des Thüringer Finanzministers Dr. Wolfgang Voß, der ebenso zur Veranstaltung geladen war wie alle Abgeordneten des Landtages.
Es ging um Grundsätzliches, nämlich die aktuellen Pläne zur Finanzierung der Gemeinden und Städte im Land. Das Land will mit dem neuen Finanzausgleichgesetz 2012 die Gelder für die Kommunen im Schnitt um rund 25 Prozent kürzen.
Nach dem Willen der Landesregierung werden den Gemeinden zusätzliche Aufgaben auferlegt, wie zum Beispiel die Verbesserung der Personalausstattung in den KiTas, Strassen und deren Unterhalt zu übernehmen, aber auch solche profanen Dinge, wie elektronische Lesegeräte für gechipte Hunde anzuschaffen. Doch die dafür notwendige finanzielle Ausstattung der Gemeinden wird nicht geleistet, im Gegenteil, es wird gekürzt. Die Kämmerer verschiedener Kommunen rechneten nach und stellten mit Erschrecken fest, dass die Mittel der Kommunen in den kommenden Jahren nicht einmal mehr für die Pflichtaufgaben, wie die Unterhaltung der Feuerwehren, ausreichen. Kultur, Bildung, gute Infrastruktur und weitere wesentliche Bereiche werden so zu einem unbezahlbaren Luxusprogramm. Die strukturelle Unterfinanzierung weitet sich aus.
Da helfen auch beschwichtigende Aussagen des Herrn Ministers nicht. Wenn er einerseits darlegt: »Wenn die Städte und Gemeinden vom konjunkturellen Aufschwung profitieren und 173 Millionen Euro aus eigener Kraft stemmen können, dann stehen auch diese Einnahmen für Kommunalaufgaben zur Verfügung. Entsprechend können die Schlüsselzuweisungen sinken. Das ist die Logik des Systems«, anderseits jedoch die Kämmerer schwarz auf weiß vorrechnen, dass trotz dieser gegenseitigen Aufrechnungen große Lücken in der Finanzplanung durch die Kürzungen verbleiben. Da hilft es auch der Mehrzahl der Kommunen nichts, wenn es in einzelnen Städten Mehreinnahmen geben wird.
So dreht damit eine Spirale, die unsere Städte und Gemeinden in die Verschuldung treibt. Eine folgenschwere Auswirkung der Pläne unserer Landesregierung wäre, dass auch Fördermittel für wichtige Maßnahmen in den Kommunen kaum mehr genutzt werden können, weil schlicht und ergreifend die Eigenmittel zur Finanzierung fehlen. Was sich daraus für die lokale Auftragsvergabe an Unternehmen ergibt, kann man sich für die kommenden Jahre ausmalen, inklusive der dadurch bedingten Folgen auf dem Arbeitsmarkt. Stillstand wäre angesagt, wenn diese Pläne der Landesregierung in den nächsten Wochen tatsächlich die Zustimmung der Abgeordneten sämtlicher Parteien im Thüringer Landtag fänden. Auch die Landkreise sind von den Kürzungen betroffen, was zur Folge haben wird, dass die Kreisumlagen für die Gemeinden steigen. Die Belastung kommt unten bei den Kommunen also doppelt an.
Besonders unverständlich ist es, im Angesicht dieser traurigen Perspektive miterleben zu müssen, dass Opel in Eisenach vom Wirtschaftsministerium unserer Landesregierung mit großer Geste ein Geldgeschenk in Höhe von 15,5 Millionen Euro bekommt, an das keinerlei nennenswerte Forderungen gebunden sind. »Wenn Opel krachen geht, dann hängt daran eine ganze Region.« sagte der Ministeriumssprecher Stephan Krauß dazu. Wir meinen: Wenn die Gemeinden krachen gehen, hängt daran ein ganzes Land.
Selbstverständlich müssen die Millionen für Opel nicht zurückgezahlt werden, denn für Ausgaben, die subjektiv als wichtig eingestufte werden, ist auch in Thüringen viel Geld vorhanden. Das erklärt wohl auch, warum sich das Land Thüringen jährliche Ausgaben von über 200 Tausend Euro für ein Gestüt mit über 100 Zuchthengsten leistet.
Ein trauriger Höhepunkt des Protestes wurde am vergangen Freitag erreicht. Kaum 2 Dutzend der eingeladenen 88 Landtagsabgeordneten, nebst dem Finanzminister, waren zu der Veranstaltung des Gemeinde- und Städtebundes gekommen. Dreiviertel der gewählten Vertreter haben es somit nicht für notwendig befunden, sich zu diesem Thema im direkten Gespräch mit den Betroffenen, die hilfesuchend eingeladen hatten, auseinanderzusetzen. Die gesamte Thematik scheint sowieso wenig Interesse hervorzurufen bei den Menschen, die in Kürze endgültig über Gedeih oder Verderb der Kommunen befinden werden. Die, die gekommen waren, blieben kaum länger als eine Stunde, – die Mehrheit der Landtagsabgeordneten hatte scheinbar Wichtigeres vor.
Wir meinen: „Diese Art von Bürgervertretern im Landtag können wir uns sparen, komplett. Dann sparen wir uns auch die sicherlich unpassende Erhöhung der Entschädigung für ihre Leistung, die sie nicht erbringen und haben vielleicht zukünftig wieder etwas mehr Mittel für die Kinder in den Tagesstätten oder anderen wesentlichen Bereichen.“
Wir PIRATEN Thüringen stehen für direkte Bürgerbeteiligung ein. Bei den gewählten und dafür relativ üppig entschädigten Abgeordneten ist jedoch eine ganz andere, eben eine professionelle Beteiligung nicht nur erwünscht, sondern verpflichtend, denn sie wurden gerade wegen ihres versprochenen und zugesicherten Engagements für die Belange der Bürger gewählt. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass all die nicht anwesenden Vertreter am vergangenen Freitag dringende Termine hatten, die eine Teilnahme verhinderten, so kurz vor dem Wochenende. Wir alle sind an einem Punkt angelangt, der den Abgeordneten Verantwortung und Weitsichtigkeit über ihre Amtsperiode hinaus abverlangt.
All das zeigt ein mangelndes Rückgrat und ein fragwürdiges Demokratieverständnis unserer Landtagsabgeordneten auf. Egoistisches Verhalten von gewählten Vertretern steht im Vordergrund und nicht die Mühe, Entscheidungen offen und transparent zu kommunizieren sowie politische Prozesse konstruktiv und im Sinne der Menschen vor Ort hier in Thüringen zu entscheiden, deren Vertrauen den Abgeordneten ihrerzeit die Wählerstimmen einbrachten.
So fordern wir PIRATEN alle Bürger auf, den Abgeordneten ihres Wahlkreises die „Rote Karte der Demokratie“ zu zeigen!
Bernd Schreiner
Vorsitzender PIRATEN Thüringen
Kommentar:
Am vergangenen Freitag folgten viele Bürgermeister und andere Vertreter der Kommunen einer Einladung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen e. V. aus äußerst wichtigem Grund nach Erfurt. Anlass für dieses Zusammentreffen waren die Kürzungspläne des Thüringer Finanzministers Dr. Wolfgang Voß, der ebenso zur Veranstaltung geladen war wie alle Abgeordneten des Landtages.
Es ging um Grundsätzliches, nämlich die aktuellen Pläne zur Finanzierung der Gemeinden und Städte im Land. Das Land will mit dem neuen Finanzausgleichgesetz 2012 die Gelder für die Kommunen im Schnitt um rund 25 Prozent kürzen.
Nach dem Willen der Landesregierung werden den Gemeinden zusätzliche Aufgaben auferlegt, wie zum Beispiel die Verbesserung der Personalausstattung in den KiTas, Strassen und deren Unterhalt zu übernehmen, aber auch solche profanen Dinge, wie elektronische Lesegeräte für gechipte Hunde anzuschaffen. Doch die dafür notwendige finanzielle Ausstattung der Gemeinden wird nicht geleistet, im Gegenteil, es wird gekürzt. Die Kämmerer verschiedener Kommunen rechneten nach und stellten mit Erschrecken fest, dass die Mittel der Kommunen in den kommenden Jahren nicht einmal mehr für die Pflichtaufgaben, wie die Unterhaltung der Feuerwehren, ausreichen. Kultur, Bildung, gute Infrastruktur und weitere wesentliche Bereiche werden so zu einem unbezahlbaren Luxusprogramm. Die strukturelle Unterfinanzierung weitet sich aus.
Da helfen auch beschwichtigende Aussagen des Herrn Ministers nicht. Wenn er einerseits darlegt: »Wenn die Städte und Gemeinden vom konjunkturellen Aufschwung profitieren und 173 Millionen Euro aus eigener Kraft stemmen können, dann stehen auch diese Einnahmen für Kommunalaufgaben zur Verfügung. Entsprechend können die Schlüsselzuweisungen sinken. Das ist die Logik des Systems«, anderseits jedoch die Kämmerer schwarz auf weiß vorrechnen, dass trotz dieser gegenseitigen Aufrechnungen große Lücken in der Finanzplanung durch die Kürzungen verbleiben. Da hilft es auch der Mehrzahl der Kommunen nichts, wenn es in einzelnen Städten Mehreinnahmen geben wird.
So dreht damit eine Spirale, die unsere Städte und Gemeinden in die Verschuldung treibt. Eine folgenschwere Auswirkung der Pläne unserer Landesregierung wäre, dass auch Fördermittel für wichtige Maßnahmen in den Kommunen kaum mehr genutzt werden können, weil schlicht und ergreifend die Eigenmittel zur Finanzierung fehlen. Was sich daraus für die lokale Auftragsvergabe an Unternehmen ergibt, kann man sich für die kommenden Jahre ausmalen, inklusive der dadurch bedingten Folgen auf dem Arbeitsmarkt. Stillstand wäre angesagt, wenn diese Pläne der Landesregierung in den nächsten Wochen tatsächlich die Zustimmung der Abgeordneten sämtlicher Parteien im Thüringer Landtag fänden. Auch die Landkreise sind von den Kürzungen betroffen, was zur Folge haben wird, dass die Kreisumlagen für die Gemeinden steigen. Die Belastung kommt unten bei den Kommunen also doppelt an.
Besonders unverständlich ist es, im Angesicht dieser traurigen Perspektive miterleben zu müssen, dass Opel in Eisenach vom Wirtschaftsministerium unserer Landesregierung mit großer Geste ein Geldgeschenk in Höhe von 15,5 Millionen Euro bekommt, an das keinerlei nennenswerte Forderungen gebunden sind. »Wenn Opel krachen geht, dann hängt daran eine ganze Region.« sagte der Ministeriumssprecher Stephan Krauß dazu. Wir meinen: Wenn die Gemeinden krachen gehen, hängt daran ein ganzes Land.
Selbstverständlich müssen die Millionen für Opel nicht zurückgezahlt werden, denn für Ausgaben, die subjektiv als wichtig eingestufte werden, ist auch in Thüringen viel Geld vorhanden. Das erklärt wohl auch, warum sich das Land Thüringen jährliche Ausgaben von über 200 Tausend Euro für ein Gestüt mit über 100 Zuchthengsten leistet.
Ein trauriger Höhepunkt des Protestes wurde am vergangen Freitag erreicht. Kaum 2 Dutzend der eingeladenen 88 Landtagsabgeordneten, nebst dem Finanzminister, waren zu der Veranstaltung des Gemeinde- und Städtebundes gekommen. Dreiviertel der gewählten Vertreter haben es somit nicht für notwendig befunden, sich zu diesem Thema im direkten Gespräch mit den Betroffenen, die hilfesuchend eingeladen hatten, auseinanderzusetzen. Die gesamte Thematik scheint sowieso wenig Interesse hervorzurufen bei den Menschen, die in Kürze endgültig über Gedeih oder Verderb der Kommunen befinden werden. Die, die gekommen waren, blieben kaum länger als eine Stunde, – die Mehrheit der Landtagsabgeordneten hatte scheinbar Wichtigeres vor.
Wir meinen: „Diese Art von Bürgervertretern im Landtag können wir uns sparen, komplett. Dann sparen wir uns auch die sicherlich unpassende Erhöhung der Entschädigung für ihre Leistung, die sie nicht erbringen und haben vielleicht zukünftig wieder etwas mehr Mittel für die Kinder in den Tagesstätten oder anderen wesentlichen Bereichen.“
Wir PIRATEN Thüringen stehen für direkte Bürgerbeteiligung ein. Bei den gewählten und dafür relativ üppig entschädigten Abgeordneten ist jedoch eine ganz andere, eben eine professionelle Beteiligung nicht nur erwünscht, sondern verpflichtend, denn sie wurden gerade wegen ihres versprochenen und zugesicherten Engagements für die Belange der Bürger gewählt. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass all die nicht anwesenden Vertreter am vergangenen Freitag dringende Termine hatten, die eine Teilnahme verhinderten, so kurz vor dem Wochenende. Wir alle sind an einem Punkt angelangt, der den Abgeordneten Verantwortung und Weitsichtigkeit über ihre Amtsperiode hinaus abverlangt.
All das zeigt ein mangelndes Rückgrat und ein fragwürdiges Demokratieverständnis unserer Landtagsabgeordneten auf. Egoistisches Verhalten von gewählten Vertretern steht im Vordergrund und nicht die Mühe, Entscheidungen offen und transparent zu kommunizieren sowie politische Prozesse konstruktiv und im Sinne der Menschen vor Ort hier in Thüringen zu entscheiden, deren Vertrauen den Abgeordneten ihrerzeit die Wählerstimmen einbrachten.
So fordern wir PIRATEN alle Bürger auf, den Abgeordneten ihres Wahlkreises die „Rote Karte der Demokratie“ zu zeigen!
Bernd Schreiner
Vorsitzender PIRATEN Thüringen