Thüringen hat als erstes Bundesland den Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit einem eigenen Gesetz ratifiziert. Damit hat der Thüringer Landtag unter anderem auch grünes Licht für Sendezeiten im Internet und die freiwillige Selbstkennzeichnung von Internetseiten gegeben – beides Maßnahmen, die inhaltlich nicht sinnvoll sind, aber einen immensen finanziellen und bürokratischen Aufwand verursachen.Das Ziel des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist die Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet zu verbessern. Der Vertrag zwischen den Bundesländern gilt dabei gleichermaßen für das Internet und den Rundfunk. Trotz der erheblichen strukturellen Unterschiede beider Medien wird versucht, mit ein und demselben Regelwerk sowohl das Internet, als auch den Rundfunk zu regulieren. Bereits der Grundansatz des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist damit weder gut durchdacht, noch praxistauglich.
„Mit den neuen Regelungen wird deswegen auch das Ziel, das Schutzniveau für Kinder und Jugendliche anzuheben, nicht erreicht.“ erklärt Bernd Schreiner, politischer Geschäftsführer der PIRATEN Thüringen. Schreiner weiter: „Die Maßnahmen werden weitgehend ins Leere laufen. Bereits jetzt ist der Jugendschutz in Deutschland auf einem hohen Niveau, auch im Internet. Dies wird Deutschland sogar durch die EU-Kommision bestätigt. Probleme gibt es eher in der Umsetzung der Regelungen, nicht in der Regelungsdichte an sich.“
Ein negativer Höhepunkt des neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrages sind dabei die geplanten „Sendezeiten“ für Webseiten. So wird festgeschrieben, dass ab den 1. Januar 2011 Webseiten mit entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten (FSK 18) nur noch zwischen 23.00 bis 6.00 Uhr online sein dürften. Angebote, für die eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzunehmen ist (FSK 16 Inhalte) dürfen nur zwischen 22.00 und 6.00 Uhr online sein. Ein verbesserter Schutz von Jugendlichen ergibt sich dadurch nicht, denn solche Seiten dürften in Deutschland auch bisher nur gegen Ausweisidentifizierung (PostIdent) Erwachsenen zugänglich gemacht werden und ausländische Seiten, die frei zugänglich sind, werden auch zukünftig nicht erfasst. Stattdessen wird auch Erwachsenen der Zugriff auf diese Informationen tagsüber verwehrt ohne dabei das Ziel des Jugendschutzes zu erreichen. Folglich wird durch die Maßnahme eine staatliche Zensur im Internet eingeführt.
Noch bürokratischer wird es bei der freiwilligen Alterskennzeichnung von Webseiten. Diese sollen von ihren Betreibern in eine von fünf Kategorien (ab 0 Jahre, ab 6 Jahren, ab 12 Jahre, ab 16 Jahre, ab 18 Jahre) eingeordnet werden. Später sollen Filterprogramme nach diesen Kennzeichnungen Seiten mit bedenklichen Inhalten filtern und so für Kinder und Jugendliche den Zugriff auf diese Seiten verhindern.
In der Praxis wird so ein Zwang zur Kennzeichnung erreicht, denn Seiten ohne Kennzeichnung werden von den Filterprogrammen nicht für Jugendliche freigegeben werden. Insbesondere für private Webseitenbetreiber ist es aber kaum möglich, die korrekte Einordnung ihrer Webseite vorzunehmen. Die Beurteilung der Inhalte erfordert Sachkenntnis und ist selbst für Fachleute nicht immer einfach. Fehler bei der Einstufung sind daher vorprogrammiert und werden mit hohen Bußgeldern bedroht. Für private Webseitenbetreiber und kleinere Unternehmen bedeutet das neue Gesetz damit nicht nur erhebliche Mehrarbeit, sondern auch ein finanzielles Risiko.
Der Schutz von Jugendlichen wird dagegen auch durch diese Maßnahme nicht verbessert. Die Kennzeichnung ist nur im Verbindung mit einem Filterprogramm sinnvoll und dieses müsste von den Eltern installiert werden. Dazu ist es durchaus denkbar, dass gerade ausländische Seiten mit falschen Kennzeichnungen arbeiten und die deutschen Filter einfach unterlaufen.
„In der Debatte im Thüringer Landtag wurden diese Punkte ebenso angesprochen und auch als Kritikpunkte erkannt.“ kommentiert Sylvia Poßenau, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der PIRATEN Thüringen die Lesung im Landtag. Poßenau weiter: „Trotzdem stimmten außer der LINKEN alle Parteien dem Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu, obwohl vielfach ausgesprochen wurde, dass es sich hierbei um ein schlechtes Gesetz handelt. Eine direkte Auseinandersetzung mit dem Inhalt fand dabei nicht statt. In weniger als einer Stunde wurde das Gesetz durch das Parlament gewunken.“
Die PIRATEN Thüringen bedauern diese vorschnelle Entscheidung. Es wäre deutlich besser gewesen, mit ein wenig mehr Kompetenz im Bereich Neue Medien zu arbeiten und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag mit Maßnahmen auszustatten, welche auch in der Praxis anwendbar sind und tatsächlich ein höheres Schutzniveau von Kindern und Jugendlichen bedeuten. Die aktuelle Version leistet dies leider nicht, sondern bedeutet lediglich einen deutlichen Mehraufwand auch für Thüringer Unternehmen.
[UPDATE]: Die Landtagsfraktion der Grünen in Thüringen ist der Bitte nach einer Stellungsnahme zu Ihrer Entscheidung zum 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nachgekommen. Der
Wortlaut der Stellungsnahme ist im Blog des Landesvorstandes der PIRATEN Thüringen zu finden.
Thüringen hat als erstes Bundesland den Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit einem eigenen Gesetz ratifiziert. Damit hat der Thüringer Landtag unter anderem auch grünes Licht für Sendezeiten im Internet und die freiwillige Selbstkennzeichnung von Internetseiten gegeben – beides Maßnahmen, die inhaltlich nicht sinnvoll sind, aber einen immensen finanziellen und bürokratischen Aufwand verursachen.Das Ziel des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist die Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet zu verbessern. Der Vertrag zwischen den Bundesländern gilt dabei gleichermaßen für das Internet und den Rundfunk. Trotz der erheblichen strukturellen Unterschiede beider Medien wird versucht, mit ein und demselben Regelwerk sowohl das Internet, als auch den Rundfunk zu regulieren. Bereits der Grundansatz des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist damit weder gut durchdacht, noch praxistauglich.
„Mit den neuen Regelungen wird deswegen auch das Ziel, das Schutzniveau für Kinder und Jugendliche anzuheben, nicht erreicht.“ erklärt Bernd Schreiner, politischer Geschäftsführer der PIRATEN Thüringen. Schreiner weiter: „Die Maßnahmen werden weitgehend ins Leere laufen. Bereits jetzt ist der Jugendschutz in Deutschland auf einem hohen Niveau, auch im Internet. Dies wird Deutschland sogar durch die EU-Kommision bestätigt. Probleme gibt es eher in der Umsetzung der Regelungen, nicht in der Regelungsdichte an sich.“
Ein negativer Höhepunkt des neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrages sind dabei die geplanten „Sendezeiten“ für Webseiten. So wird festgeschrieben, dass ab den 1. Januar 2011 Webseiten mit entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten (FSK 18) nur noch zwischen 23.00 bis 6.00 Uhr online sein dürften. Angebote, für die eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzunehmen ist (FSK 16 Inhalte) dürfen nur zwischen 22.00 und 6.00 Uhr online sein. Ein verbesserter Schutz von Jugendlichen ergibt sich dadurch nicht, denn solche Seiten dürften in Deutschland auch bisher nur gegen Ausweisidentifizierung (PostIdent) Erwachsenen zugänglich gemacht werden und ausländische Seiten, die frei zugänglich sind, werden auch zukünftig nicht erfasst. Stattdessen wird auch Erwachsenen der Zugriff auf diese Informationen tagsüber verwehrt ohne dabei das Ziel des Jugendschutzes zu erreichen. Folglich wird durch die Maßnahme eine staatliche Zensur im Internet eingeführt.
Noch bürokratischer wird es bei der freiwilligen Alterskennzeichnung von Webseiten. Diese sollen von ihren Betreibern in eine von fünf Kategorien (ab 0 Jahre, ab 6 Jahren, ab 12 Jahre, ab 16 Jahre, ab 18 Jahre) eingeordnet werden. Später sollen Filterprogramme nach diesen Kennzeichnungen Seiten mit bedenklichen Inhalten filtern und so für Kinder und Jugendliche den Zugriff auf diese Seiten verhindern.
In der Praxis wird so ein Zwang zur Kennzeichnung erreicht, denn Seiten ohne Kennzeichnung werden von den Filterprogrammen nicht für Jugendliche freigegeben werden. Insbesondere für private Webseitenbetreiber ist es aber kaum möglich, die korrekte Einordnung ihrer Webseite vorzunehmen. Die Beurteilung der Inhalte erfordert Sachkenntnis und ist selbst für Fachleute nicht immer einfach. Fehler bei der Einstufung sind daher vorprogrammiert und werden mit hohen Bußgeldern bedroht. Für private Webseitenbetreiber und kleinere Unternehmen bedeutet das neue Gesetz damit nicht nur erhebliche Mehrarbeit, sondern auch ein finanzielles Risiko.
Der Schutz von Jugendlichen wird dagegen auch durch diese Maßnahme nicht verbessert. Die Kennzeichnung ist nur im Verbindung mit einem Filterprogramm sinnvoll und dieses müsste von den Eltern installiert werden. Dazu ist es durchaus denkbar, dass gerade ausländische Seiten mit falschen Kennzeichnungen arbeiten und die deutschen Filter einfach unterlaufen.
„In der Debatte im Thüringer Landtag wurden diese Punkte ebenso angesprochen und auch als Kritikpunkte erkannt.“ kommentiert Sylvia Poßenau, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der PIRATEN Thüringen die Lesung im Landtag. Poßenau weiter: „Trotzdem stimmten außer der LINKEN alle Parteien dem Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu, obwohl vielfach ausgesprochen wurde, dass es sich hierbei um ein schlechtes Gesetz handelt. Eine direkte Auseinandersetzung mit dem Inhalt fand dabei nicht statt. In weniger als einer Stunde wurde das Gesetz durch das Parlament gewunken.“
Die PIRATEN Thüringen bedauern diese vorschnelle Entscheidung. Es wäre deutlich besser gewesen, mit ein wenig mehr Kompetenz im Bereich Neue Medien zu arbeiten und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag mit Maßnahmen auszustatten, welche auch in der Praxis anwendbar sind und tatsächlich ein höheres Schutzniveau von Kindern und Jugendlichen bedeuten. Die aktuelle Version leistet dies leider nicht, sondern bedeutet lediglich einen deutlichen Mehraufwand auch für Thüringer Unternehmen.