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Bundesparteitag der Piratenpartei in Chemnitz

Piraten erweitern Parteiprogramm

Nach Ende des Bundesparteitages reichte ein Blick in die Gesichter der Piraten um einen Eindruck von den Ergebnissen zu bekommen. Müde, aber zufrieden verließen die meisten Teilnehmer die große Mensa-Halle in Chemnitz. Dort hatten sie in den letzten zwei Tagen auf dem ersten Programmparteitag der Piratenpartei über die programmatische Ausrichtung der Partei diskutiert. Insgesamt lagen 320 Anträge für diesen Parteitag vor – ein Großteil davon betraf auch Themen wie Sozialpolitik und Umweltpolitik, die bisher im Parteiprogramm der Piraten nicht enthalten waren.In seiner Eröffnungsrede bestärkte der Vorstandsvorsitzende Jens Seipenbusch den grundsätzlichen Gedanken der Piraten, ihren eigenen Weg zu gehen, Transparenz zu pflegen und Visionen aufzuzeigen. „Eine Veränderung wird mit uns nicht stattfinden, indem wir versuchen, die Menschen zu verändern“ sagte Seipenbusch und macht damit den eklatanten Unterschied zu den etablierten Parteien in der grundsätzlichen politischen Herangehensweise klar und forderte als Ziel für die nächste Zeit „den Fokus innerhalb der Piratenpartei vorrangig auf die vielen Gemeinsamkeiten zu lenken“. Seiner Ansicht nach zeichnet sich die Piratenpartei besonders dadurch aus, dass die Mitglieder für das Gemeinwohl streiten, in dem sie Individuen bleiben dürfen.

Eine der vielen Gemeinsamkeiten der Piraten auf diesem Parteitag war der Wunsch, das Programm zu erweitern. Eine Beschränkung auf Kernthemen oder eine Unterteilung in Kern- und Vollthemen wurde daher mehrheitlich abgelehnt. Die Piratenpartei wird somit eine Partei werden, die nicht mehr nur auf Themen wie Netzpolitik und Transparenz festlegbar ist. So wird die Partei zukünftig unter anderem in  sozialpolitischen, bildungs- und umweltpolitischen Bereichen Position beziehen und ein Mitspracherecht fordern.

Piraten jetzt auch mit Sozialprogramm

In Chemnitz wurden zum ersten Mal auch soziale Punkte in das Parteiprogramm aufgenommen. Mehr als zwei Drittel der anwesenden Piraten sprachen sich dafür aus, das Recht auf eine „sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos“ zu garantieren. Damit hebt sich die Piratenpartei deutlich von den anderen Parteien in Deutschland ab.

„Dieser gelungene Einstieg der Piratenpartei in das weite Feld längst überfälliger sozialpolitischer Forderungen soll vorerst Armut verhindern und ist im Sinne von Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit vielfältig ausbaubar“ meint der Thüringer Vorstandsvorsitzende Hendrik Stiefel.

Frühkindliche Bildung als Programmpunkt festgeschrieben

Neben der Ausweitung des Programms wurden auch bereits vorhandene Themen weiter präzisiert. So wurde ein Antrag verabschiedet der eine verstärkte Konzentration auf die Bildung bereits ab dem 3.Lebensjahr fordert. Die Piraten setzen sich damit verstärkt für eine „kostenlose und auf Wunsch ganztägige Betreuung in wohnortnahen (oder wahlweise arbeitsplatznahen) Kindertagesstätten mit sinnvollen Öffnungszeiten für Kinder ab dem dritten Geburtstag“ ein. Kindergärten sollen auch wieder Bildungseinrichtungen im Sinne Fröbels werden und keine Aufbewahrungsorte. So wurde auch über mehrsprachige KiTa-Einrichtungen diskutiert.

Abgeordnetenbestechung stärker bestrafen

Bereits seit mehreren Monaten beteiligt sich die Piratenpartei an der Initiative 108e bei der es darum geht, die laschen deutschen Regelung zur Bestrafung bei Bestechung von Abgeordneten auf ein international gültiges Niveau anzuheben. Diese Forderungen wurden jetzt auch in das offizielle Parteiprogramm aufgenommen.

Insgesamt nahmen am Bundesparteitag in Chemnitz ca. 700 Mitglieder aus ganz Deutschland teil. Das sind knapp 6 Prozent der derzeit etwa 12.000 Piraten. Der Landesverband Thüringen war überproportional stark vertreten. 16 Prozent der Thüringer Mitglieder folgten der Einladung und nahmen am Parteitag in Chemnitz teil.

Der programmatische Bundesparteitag ist durch die vielfältigen getroffenen Beschlüsse als ein Erfolg für die größte außerparlamentarische Opposition zu werten und damit ein wichtiger Schritt in die Richtung hin zu einer zukunftsfähigen Politik für die Bürger in Deutschland.