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Datensicherheit und Datensparsamkeit

Die Plattform Wikileaks hatte am Wochenende in Zusammenarbeit mit Medienhäusern mehr als 250.000 teils streng vertrauliche Dokumente aus dem diplomatischen Dienst der USA veröffentlicht. Dieser Vorgang zeigt einmal mehr, dass selbst ausgeklügelte Mechanismen digitale Daten nicht vor einer Veröffentlichung schützen können.
In den Köpfen der Politiker existiert aber nach wie vor die Vorstellung, dass man Datensammlungen egal welcher Art absichern könnte um sie vor fremden Zugriffen zu schützen. Diese Vorstellung ist im digitalen Zeitalter einmal mehr überholt. Man kann zwar den Zugriff auf Daten erschweren, einen absoluten Schutz wird es aber nicht mehr geben.Dennoch kritisierte der Vorsitzende der GRÜNEN, Cem Özdemir, unverständlicher Weise, dass Wikileaks Informationen veröffentlicht, welche die Arbeitsweise des State Departments der USA und den Botschaften offen legt.
Es werden Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen, Profile von Politikern erstellt und jeweils abschließend kommentiert. Die Allgemeinheit hat natürlich ein berechtigtes Interesse zu erfahren, warum Frau Merkel als beste Alternative („best path“) für die Vertretung der Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika hier in Deutschland aber auch in Europa angesehen wird. In erster Linie sollten unsere gewählten Politiker die Interessen des Volkes wahren. Ihr Handeln muss für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein. Aus diesem Grund sind die Veröffentlichungen von Wikileaks nicht zu verurteilen, sondern zu begrüßen.
Mit den technischen Möglichkeiten wächst das Begehren diese zu nutzen, um die Bürger in Deutschland und in Europa zu überwachen und zu sanktionieren. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wird offenbar ab Januar Realität werden und den weltweit bereits härtesten Jugendschutz noch weitreichend verschärfen. Praktisch bedeutet dieser für Betreiber von Internetseiten eine Selbstzensur. So muss sämtlicher Inhalt danach klassifiziert werden, für welches Alter er geeignet ist.
Dies gelingt wohl nur jemandem mit Spezialwissen. Kann man dies nicht bewerkstelligen, gibt es die Möglichkeit, den Inhalt nur für Betrachter über 18 Jahren erlauben oder man überläßt die Prüfung des Inhaltes den zertifizierten Anbietern. Diese sind sehr teuer, Kosten in Höhe von 4000 Euro kann wohl kaum ein Betreiber eines privaten Blogs aufbringen. Mit Abmahnung und harte Strafen ist in jedem Fall zu rechnen. Dies steht im krassen Widerspruch zum Artikel 5 (1) unseres Grundgesetzes: „Eine Zensur findet nicht statt“.
Das Bestreben, freie Informationsweitergabe durch die herrschenden Politiker einzuschränken, ist schon Besorgnis erregend genug. Auf europäischer Ebene läuft gerade das Forschungsprojekt INDECT. Dies hat zum Ziel, einen perfekten Überwachungsstaat zu ersinnen. Es geht darum, Informationen aus allen verfügbaren Quellen zusammenzuführen und auszuwerten. Diese Quellen sind alle, die Informationen in elektronischer Form bereitstellen wie das Internet, auch soziale Netzwerke, öffentliche Videoüberwachung, automatische Kennzeichenüberwachung an Verkehrsknotenpunken, Kontobewegungen etc. Es wird darauf hingearbeitet, dass für die Fussball- Europameisterschaft großrechnergestützte Analysen des Verhaltens der Menschen durchgeführt werden, um bei einem Verdacht präventiv einzugreifen.
Zentrale Datensammlungen, die wegen der vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten immer häufiger entstehen, bergen bisher wenig diskutierte Gefahren. Diese Risiken können systembedingt kaum reduziert werden, wenn man die zentrale Datenhaltung nicht von vorn herein vermeidet.
Weitere große Datenerhebungen, wie der geplante Zensus 2011, werden trotz der potentiellen Sicherheitsrisiken für die Privatsphäre von Millionen Bürgern weiter unverändert vorbereitet.

Die PIRATEN Thüringen rufen hiermit die Verantwortlichen in Regierungen und Parlamenten auf, endlich eine Politik der Datensicherheit und Datensparsamkeit zu betreiben.