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Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland 2011.2

Die PIRATEN wollen anders sein. Mit einer neuen Art, Politik zu machen, will man die Parlamente entern – zugegeben mitunter chaotisch, undogmatisch und bisweilen sehr emotional. Echte Mitgliederversammlungen und keine Delegierten sollen dem Anspruch der Basisdemokratie Rechnung tragen.

Im Vorfeld des Bundesparteitages reichten die Mitglieder über 350 Anträge für das Grundsatz- und Wahlprogramm ein. Hinzu kamen weitere 100 Positionspapiere sowie diverse sonstige Anträge.
Unter den mehr als 1400 angereisten Piraten aus ganz Deutschland waren 39 Thüringer, das entspricht 10 Prozent des Landesverbandes.

Wer in der Offenbacher Stadthalle von den dicht gefüllten Rängen in den Saal über die Köpfe der fast 1400 akkreditierten Piraten blickte, konnte spüren, dass Politik anstrengend ist und doch Spaß macht.
Kann es bei einer so großen Anzahl von Teilnehmern klappen, dass alle mitreden dürfen?

Einer perfekten Organisation ist es zu verdanken, dass an den beiden Tagen mehr als 70 Anträge diskutiert werden konnten, von denen man  im Ergebnis 35 positiv abstimmte.

Vieles, vor allem die politische Richtung, in die sich die Piraten entwickeln wollen, galt es nach dem enormen Mitgliederzuwachs zu klären. Bereits der Samstag bot einen Paukenschlag. Ein stark diskutierter Antrag zum Bedingungslosen Grundeinkommen erreichte mit 756 Ja-Stimmen gegen 374 Nein-Stimmen und damit 66,9% die nötige 2/3-Mehrheit. Ein Ergebnis, das nach hitziger Debatte nicht unbedingt zu erwarten war.

Entgegen der eher ablehnenden Haltung des Parteivorstandes haben die Piraten nun ein Alleinstellungsmerkmal in ihrem Ansatz der Sozialpolitik. Schnell wurde die Frage laut: Rücken die Freibeuter im politischen Spektrum nach links? »Das Grundeinkommen ist keineswegs eine ‚linke‘ Idee. Vielmehr übertragen wir PIRATEN unseren Leitsatz ‚Freiheit statt Angst‘ nun auch auf das Themenfeld Arbeits- und Sozialpolitik.«, erklärt Simon Stützer von den Sozialpiraten, der mit diesem Ansatz die Ideale des Liberalismus verbindet. Klargestellt werden muss, dass es sich beim BGE um ein Generationenprojekt handelt, welches nicht in einer oder wenigen Legislaturperioden verwirklichen lässt, selbst wenn die eingesetzte Enquete-Kommission eine praktikable Lösung erarbeiten kann und die Bürger dies in einem Volksentscheid beschließen.

Als anschließend auch ein Antrag zur Abschaffung der Zwangsmitgliedschaften in Kammern angenommen wurde, und ein Antrag zur Begrenzung von Managergehältern keine Mehrheit fand, schien der Parteitag nun für die Beobachter wieder klar liberalen Grundsätzen zu folgen.

Am Folgetag beschloss die Versammlung Anträge zur Trennung von Staat und Religion, eine Wandlung der Drogenpolitik hin zu einer umfassenden Suchtpolitik, einen Appell zur europäischen Idee und stellte die Forderung nach einem fahrscheinfreien ÖPNV auf. Mit diesen neuen Themenfeldern nehmen die Piraten bereits jetzt zielstrebig Kurs auf die Bundestagswahl 2013.

Der Abschluss des Parteitages war eine Debatte zur Ausgestaltung des Urheberrechts. Mit dem getroffenen Beschluss wollen die Piraten einen besseren Interessensausgleich zwischen Konsumenten, Kreativen und Verlagen erreichen.

Mit einer Rede des Bundesvorsitzenden Sebastian Nerz fand die zweitägige Veranstaltung ihr Ende. Viele neue Ansätze wurden in harten Diskussionen ausgefochten und ambitionierte Ziele beschlossen. Was die Piraten daraus machen, bleibt abzuwarten.
Die Mitgliederzahl der Piratenpartei ist inzwischen auf mehr als 19.000 Mitglieder angestiegen. Auch in Zukunft wird die Piratenpartei auf die Basisdemokratie vertrauen und ihrem Motto “Klarmachen zum Ändern!” treu bleiben.
Mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 ist vor allem eins sicher: Die Piraten meinen es ernst.