Artikel Kandidatenblog Thüringen

Sanierungsbonus verfehlt das Ziel

Bernd Schreiner

Es sind Wahlen, Landtagswahlen und der Minister Christian Carius von der CDU, der seit 1999 Abgeordneter im Thüringer Landtag und seit dem 4. November 2009 Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr des Freistaats Thüringen ist, verkündet jetzt laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa: „Wir starten deshalb in diesem Jahr ein Pilotprojekt. Das Land zahlt einen Sanierungsbonus für Investitionen in Häuser oder Wohnungen, die leer stehen oder denen Leerstand droht.“

Ja, vor den anstehenden Wahlen mit den Euroscheinen winken soll helfen, soll ablenken von der verfehlten Politik und schlimmer noch, vor dem jahrelangen Versagen der Thüringer Landespolitik in Bezug auf die lang abzusehenden Folgen einer selbstverschuldeten Entwicklung, die junge Menschen aus dem Land treibt und die wenigen guten Ansätzen durch intransparente Amigo- Politik torpediert hat.

Es fehlt mehr als eine Generation junger Menschen in den ländlichen Regionen und anstatt die Probleme, die es zweifelsohne jetzt in fast jede politische Äusserungen bei den Festreden des Sommers 2014 schaffen, klar zu benennen und kompetente Lösungen vorzustellen, soll ein Symptom im Geldregen verschwinden.

Schon die bei der Podiumsdiskussion „Baupolitik gestaltet Zukunft“, anlässlich des Sommerfestes der Architekten- und Ingenieurskammern in Erfurt, getätigte Aussage als Antwort auf all die Probleme des demographischen Wandels und des Infrastrukturverlustes, dass man die Steuereinnahmen sicher stellen muss, zeigt die Ideenlosigkeit auf.

Doch sehen wir uns eine Situation im ländlichen Thüringen genauer an. Da sind die kleinen Gemeinden, manchmal noch eigenständig in Verwaltungsgemeinschaften organisiert, die seit Jahren ein Neubaugebiet nach dem anderen ausweisen. Ja, das Regionalentwicklungskonzept weist aus, dass dies nicht mehr geschehen solle, doch die oft guten Beziehungen zu den Ministerien werden natürlich genutzt und letztendlich entsteht ein neues Einfamilienhaus am Dorfrand nach dem anderen, während im Ort die Gebäude verfallen. Da erscheint Carius‘ Vorschlag sinnvoll, wenn auch reichlich verspätet, bedenkt man, wie lange er schon der zuständige Minister ist.

Doch die Zeit ist nicht nur in dieser Sache fortgeschritten, denn inzwischen bricht in den Orten die weitere Infrastruktur rund um die Nahversorgung weg. Dorfläden schließen, die älter werdende Bevölkerung hat zunehmend Probleme, die Versorgung mit dem täglichen Bedarf sicher zu stellen. Schulen werden geschlossen, der ÖPNV ist kaum zweckmäßig ausgebaut und zwingt Schulabsolventen zum Verlassen der Orte. Es gibt keine Konzepte, um ernsthaft den Individualverkehr, der so notwendigerweise auf dem eigenen Auto basiert, zu ersetzen.

Dabei steigen die Kosten für die Menschen in den Orten an. Die Umlagen für das Land wachsen, die öffentlichen Aufgaben nehmen zu und für die Einwohner wird es teuer, beispielsweise durch das Erschließen mit überteuerten zentralen Klärwerken.

So werden auch heute immer noch häufig Entscheidungen getroffen, die die finanzielle Belastung der Einwohner langfristig weiter erhöhen und damit die Attraktivität des ländlichen Lebensraumes gegenüber den verlockenden Metropolen weiter absenken.

Damit verschärfen sich vorhergesagte demographische Veränderungen zugunsten des Anteils von Rentnern, Pflegebedürftigen und Sozialhilfeabhängigen, was neben der deutlich gesunkenen Einwohnerzahl die Leistungsfähigkeit der Kommunen weiter absenkt.

Und die in dieser Landesregierung vereinten Parteien haben kein Konzept, um diesen Aufgaben gerecht zu werden!

Thüringen braucht jetzt ein Maßnahmenbündel, um Antworten zu finden. Grundsätzlich muss es den Bürgern vor Ort möglich sein, über alle Maßnahmen mitzubestimmen. Die Menschen vor Ort benötigen Entscheidungskompetenzen und dies muss mit einer massiven Entbürokratisierung einhergehen.

Quelle: http://www.architekten-thueringen.de/aktuell/?id=23150