Artikel Thüringen

Medienpolitischer Sprecher von B’90/Grüne gesteht: „Von Netzpolitik habe ich keine Ahnung.“ – PIRATEN Thüringen beenden die Kooperation

Gruene Geschichte wiederholt sich: Berlin, am 18. Juni 2009 – der Deutsche Bundestag nimmt das Zugangserschwerungsgesetz (Zensurgesetz) an, obwohl sich 134.014 Bürger in einer Petition dagegen ausgesprochen haben.
Die Oppositionsparteien hatten leider zu diesem Zeitpunkt nicht geschlossen gegen die Zensurpläne gestimmt. Bei der Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen gab es ganze 15 Enthaltungen. Damit ein solches Vorgehen gegen freie Informationen und der Aufbau einer Zensurinfrastruktur nicht auch in Thüringen zur Praxis werden würde, fanden einige Zeit später Gespräche zwischen den Thüringer Grünen und den Piraten statt.
Als Ergebnis dieser Gespräche stand ein Kooperationspapier, welches unter anderem die folgende Passage enthält:
„Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution ist die Politik dabei, sich von den Idealen von damals immer weiter zu entfernen. Vorratsdatenspeicherung, BKA-Gesetz und Internetzensur sind nur die bekanntesten Beispiele hierfür. Aber nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in Thüringen gibt es Beispiele für eine Politik, die sich immer weiter von den Idealen der friedlichen Revolution entfernt.“
Piraten und Grüne wollten mit der Kooperation gemeinsam in Thüringen ehrliche Politik für die Menschen, speziell im Hinblick auf Freiheits- und Bürgerrechte, praktizieren.
Umso befremdlicher ist es, dass auch die Grünen am 9. September 2010 im Thüringer Landtag dem Thüringer Gesetz zu dem Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmten.
Das Ziel des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist es, mittels einer Zensurinfrastruktur (nutzerautonome Filterprogramme) den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet zu „verbessern“. Wir berichteten bereits darüber. Ohne den Zwang einer Koalition stimmten die Grünen mit der Regierungsfraktion für das Gesetz.
Durch die Zustimmung zur Änderung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags haben die Grünen ohne Rücksprache mit ihrem Kooperationspartner Fakten geschaffen. Fakten, die Menschen entmündigen sollen und in ihrer Intention nicht umsetzbar sind. Und diese Fakten widerstreben den freiheitsrechtlichen Vorstellungen der Piratenpartei.
Das Unverständnis aller Piraten zu dieser Entscheidung war dementsprechend groß.
Überraschung in Erfurt, Landtagsabgeordneter der Grünen und medienpolitischer Sprecher, Carsten Meyer, gesteht: „Von Netzpolitik habe ich keine Ahnung.“

Bei dem monatlich stattfindenden Treffen der Thüringer Piraten im Keller des Erfurter Mac Kinelly trafen sich am vergangenen Freitag, dem 08. Oktober 2010, nicht nur Piraten und Freibeuter. Überraschenderweise waren auch zwei Vertreter der Grünen, darunter ein Landtagsabgeordneter, anwesend.
Es war Carsten Meyer, der medienpolitische Sprecher, der die Position der Grünen vor der Abstimmung zum Thema Jugendmedienschutzstaatsvertrag im Landtag in seiner Rede darlegte. Ihn begleitete Thomas Blankenburg, Sprecher der LandesAG Netzpolitik.
Am Abend bei den Piraten erklärte MdL Carsten Meyer den Anwesenden: »Ich bin klassischer Medienpolitiker. Von Netzpolitik habe ich im Grunde keine Ahnung, kann dafür auch nur maximal 5% meiner Arbeitszeit investieren.«
„Eine Entschuldigung hielt Carsten Meyer aufgrund seiner Unwissenheit für unangebracht.“
kommentiert Hendrik Stiefel, Vorstandsvorsitzender der PIRATEN Thüringen das Auftreten. Stiefel weiter: „Vielmehr versuchte er, mit den üblichen Argumenten, welche auch schon in der Diskussion zum Zugangserschwerungsgesetz im Jahr 2009 falsch waren, seine Entscheidung zu rechtfertigen. Diese Argumente wurden von den anwesenden Piraten mit umfassenden Begründungen zurückgewiesen.
Über die Gründe zur Zustimmung musste auch nicht lange spekuliert werden, denn eine schwarz-grüne Regierungskoalition in Thüringen ist laut Meinung von Carsten Meyer nach der nächsten Landtagswahl durchaus wahrscheinlich. Bei, –nach grüner Lesart–, irrelevanten Themen wie Bürgerrechten und Netzpolitik, ist die Grüne Landtagsfraktion also geneigt, der CDU-Linie zu folgen.“
Dabei ist den Grünen durchaus klar, dass es sich bei allen Formen von Netzsperren stets um reine Symbolpolitik – im Sinne von » nützt nix – schad‘ nix!« – handelt. Gesellschaftliche und soziale Probleme sind durch technische Sperren nicht zu lösen – diese Erkenntnis ist leider nicht bei der Grünen Landtagsfraktion angekommen.
Auf Basis der Ereignisse und dem Auftreten der Vertreter der Grünen ist die Kooperation nicht mehr zu halten. Das Vertrauen in ehrliche Politik der Grünen ist nachhaltig zerstört.
Durch ein Basisvotum gedeckt, beenden die PIRATEN Thüringen hiermit die Kooperation.

Wir sprechen den Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen unser ausdrückliches Mitleid für die Politik ihrer Abgeordneten aus!
Bild: Künstler: losch; Lizenz: cc-by-sa