Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) wurde heute in einer Expertenanhörung im Landtag in NRW diskutiert und dabei wurden auch eine ganze Reihe von Kritikpunkten aufgezeigt. In Thüringen wurde der JMStV mit den Stimmen der schwarz-roten Regierung und der Grünen beschlossen, eine Anhörung von Experten im Vorfeld gab es dazu nicht.
Dabei wäre das durchaus sinnvoll gewesen, denn ohne das Fachwissen von Experten in diesem Bereich wurden die Kritikpunkte am Gesetzesvorhaben gar nicht erwähnt.
Ein wichtiger Punkt bei der Anhörung in NRW, bei der es auch mehrfach Nachfragen der Abgeordneten gab, war die Rechtssicherheit. Die Befürchtung steht, dass die Novellierung des JMStV zu Abmahnwellen führen könnte. Gerade für private Anbieter ist eine abschließende Bewertung der Inhalte schwer oder kaum durchführbar. Eine falsche Einstufung bedeutet aber auch, dass Mitbewerber kostenpflichtig abmahnen und Bußgelder verhängt werden können.
Auch der geringe Nutzen des neuen Entwurfes wurde kritisiert. Bereits jetzt müssen jugendgefährdende Inhalte in Deutschland so präsentiert werden, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugriff darauf haben. Filterprogramme können bereits jetzt eingesetzt werden. Die Neuregelungen erhöhen das Schutzniveau in diesem Bereich daher kaum.
Dazu enthält das Gesetz eine Reihe von handwerklichen Fehlern. So sind an vielen Stellen Unschärfen eingebaut, beispielsweise wenn von einem „Verhaltenskodex einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle“ gesprochen wird, ohne dass im Gesetz definiert ist, was darunter zu verstehen ist. Außerdem passen Gesetzesbegründung und Gesetzestext nicht zusammen. Wird in der Begründung noch davon gesprochen, dass eine Vorabkontrolle der Inhalte nicht erfolgen soll, steht im Gesetzestext, dass der Anbieter die Einbeziehung solcher Inhalte zu verhindern hat.
Die Abschätzung der Folgekosten des Gesetzes für die Wirtschaft und alle Webseitenbetreiber ist zudem nach wie vor unklar. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. geht davon aus, dass mit dem neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag die Bereitschaft von Internetunternehmen, sich in Deutschland anzusiedeln, noch weiter sinken wird [1]. Schon jetzt weichen Anbieter auf andere europäische Staaten aus, weil die rechtliche Lage in Deutschland im Internet viele Rechtsunsicherheiten beinhaltet.
Leider wurde der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Thüringen bereits ratifiziert. Ein Stopp des Vertrages auf Landesebene ist damit zumindest im Freistaat nicht mehr möglich, es liegt jetzt an den anderen Bundesländern, hier aktiv zu werden.
[1] http://www.teltarif.de/eco-jugendschutz-streng-internet/news/40527.html