Pressemeldung Wissensgesellschaft

Thüringen spart sich die Bildung – Teil 6

 Schule ohne Lehrer?

Wir stehen in Thüringen inzwischen nahe vor dem Abgrund eines kollabierenden Bildungssystems. Die Entscheidung, den Lehramtsanwärtern die Fahrtkosten zur Pflichtveranstaltung „Studienseminar“ nicht mehr zu erstatten, ist ein weiterer Schritt in die falsche Richtung.

Wie zweifelhaft die Regelung des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes ist, welches besagt, dass für zwei in Rente gehende Landesbedienstete nur ein neuer eingestellt werden darf, zeigen die Berechnungen des Bildungsökonom Klaus Klemm, der einen zusätzlichen Bedarf von 600 Lehrern in Thüringen errechnet hat.

Es wird immer deutlicher, dass die Aussagen des Ministers Matschie zu Neueinstellungen von Lehrern Wunschvorstellungen bleiben werden.
Das Land Thüringen hat sich aus dem Wettbewerb der Bundesländer, junge Lehrer zu binden, weitgehend zurückgezogen. Auch die Wenigen, die unbedingt in Thüringen bleiben wollen, sollen bis zum Schuljahresbeginn warten. Andere Bundesländer bieten schon vor Schuljahresbeginn den jungen Lehrern gut bezahlte Stellen an. Stellt sich die Unfähigkeit des Landes Thüringen, auf Bewerbungen von jungen Lehrern zeitnah zu reagieren, als Sargnagel des Thüringer Bildungssystems heraus?
Wenn doch jemand auf eine Stelle in Thüringen gewartet hat, wird ihm gerade mal eine Teilzeitstelle angeboten. In anderen Bundesländern locken Vollbeschäftigung und Verbeamtung.

Bei der Arbeit sieht sich dann ein junger Lehrer in Thüringen einer bürokratischen Mangelverwaltung gegenüber, die ihn dazu zwingt, die benötigten Lehrmittel aus der eigenen Tasche zu bezahlen.
Er wird in einem Kollegium arbeiten, in dem engagierte Lehrer trotz eines hohen Altersdurchschnitts die Schule am laufen halten und vielfach bis zum Burn-Out arbeiten. Die Folgen sind unzählige Vertretungsstunden, sowie Abordnungen an andere Schulen, um dort notdürftig Löcher zu stopfen.
Zudem kommen die Probleme der Inklusion von Förderschülern auf ihn zu, ein Sachverhalt, auf den ihn das Studium überhaupt nicht vorbereitet hat.

Um das Thüringer Bildungssystem zu retten, ist ein grundsätzliches Umdenken erforderlich. Zu allererst müssen reelle Zahlen auf den Tisch, wie viele Lehrer wirklich für den Unterricht zur Verfügung stehen und wie viele Unterrichtsstunden wirklich ausfallen oder fachfremd vertreten werden.
Die Ausbildung der Lehrer muss dringend reformiert werden. Junge Lehrer müssen im Studium mit den Werkzeugen moderner Didaktik und Methodik ausgestattet werden. Hierzu gehört in besonderem Maße auch Medienkompetenz. Entwicklungspsychologische und schulrechtliche Inhalte haben für die spätere Arbeit eine höhere Bedeutung als eine übertriebene fachwissenschaftliche Ausbildung.

Investitionen in die Bildung sind auch Investitionen in die Wirtschaft. Wenn Unternehmen Thüringen verlassen, weil sie kein qualifiziertes Personal mehr finden, wird es zu spät sein in Bildung zu investieren.

http://www.insuedthueringen.de/regional/thueringen/thuefwthuedeu/Mehr-als-600-Lehrer-zusaetzlich-noetig;art83467,1942495