Nach dem am 28.3.2009 im Bundesrat verabschiedeten Gesetz zum ELENA-Verfahren (Elektronischer Entgeltnachweis) muss seit dem 1. Januar 2010 jeder Arbeitgeber für alle Angestellten einmal monatlich einen Datensatz mit einer Vielzahl von persönlichen und teilweise höchst sensiblen Angaben an eine zentrale Datenbank übermitteln. Das betrifft ungefähr 40 Millionen Menschen in Deutschland.
Ursprünglich als JobCard durch die Hartz-Kommission konzipiert, wurde ELENA zu einem Instrument der Arbeitnehmerüberwachung ausgebaut. Nicht nur einkommensrelevante Daten werden in einer zentralen Datenbank in Würzburg gespeichert, sondern darüber hinaus auch viele andere Daten, von Gewerkschaftsaktivitäten bis zu Fehlzeiten, Abmahnungen, mögliches „Fehlverhalten“ und nach ursprünglicher Planung auch Streikbeteiligungen.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat gemeinsam mit dem „Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs“ (FoeBuD e.V.) eine Verfassungsbeschwerde vorbereitet.
Dieser Verfassungsbeschwerde haben sich deutschlandweit 21.977 (Stand 30.03.10, 16:44 ) Menschen angeschlossen.
Nach Schätzungen der PIRATEN Thüringen beteiligen sich auch mindestens 500 Thüringer, stellvertretend für ungefähr eine Millionen Arbeitnehmer aus dem Freistaat, an der Verfassungsbeschwerde.
Doch wer sind diese Thüringer, die diese Verfassungsbeschwerde unterstützen?
Wir stellen einige vor:
Daniel Schultheiß, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Stadtrat aus Ilmenau: „Nachdem das Bundesverfassungsgericht der Datenspeicherwut der Bundesregierung bereits bei der Vorratsdatenspeicherung eine deutliche Absage erteilt hat, müssen wir uns auch als Thüringer Arbeitnehmer gegen weitere Tendenzen dieser Art zur Wehr setzen. Den Staat geht es nunmal nichts an, wann ein Arbeitnehmer abgemahnt wurde, krank war oder warum er entlassen wurde. Erst recht müssen solche Daten nicht für alle Zukunft gespeichert werden!„
Alexandra Bernhardt, Informatikerin aus Erfurt: „Ich habe mich der Verfassungsbeschwerde angeschlossen, weil mit der Einführung von ELENA die Datensammelwut unserer Regierung ein nicht mehr zumutbares Maß angenommen hat. Außerdem kann ich es nicht akzeptieren, dass ich als freier Bürger dieses Staates keinerlei Widerspruchsrecht habe, wenn es um die Erfassung meiner persönlichen Daten geht. Die zudem nicht vorhandene Möglichkeit der Einsicht der gespeicherten Daten über mich verhindert jegliche Chance auf Überprüfung der Richtigkeit der übersendeten Informationen.“
David Reinhardt, Zerspanungsmechaniker aus Breitungen: „Wo ein Trog ist, da sammeln sich die Schweine. Ich persönlich kann es nicht hinnehmen, dass es eine zentrale Datenbank gibt, in der so viele personenbezogene Informationen gespeichert werden. Jede Art von Daten weckt Begehrlichkeiten und ermöglicht potenziell Missbrauch der selbigen. Da mag der Gesetzgeber noch so sehr darauf hinweisen, dass damit nur administrative Aufgaben durchgeführt werden sollen. Eine hundertprozentige Datensicherheit wird es nie geben.„
Eveline Marsell, Foren-Administratorin aus Friedrichroda: „Auf den Lohnzetteln ist es meist nur eine unscheinbare kleine Zeile. Die meisten Arbeitnehmer werden es wohl anfangs noch nicht einmal mitbekommen haben. Als ich von der Möglichkeit zur Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde erfuhr, entschied ich ziemlich schnell, mich daran zu beteiligen. ELENA muss gestoppt werden.“
Peter Städter, Lehrer aus Erfurt: „Durch die zentrale Speicherung der Daten soll die Bereitschaft der Arbeitnehmer, gegenüber dem Arbeitgeber ihre Rechte einzufordern weiter verringert werden. Damit entfernen wir uns immer weiter vom Ziel „mündiger Bürger„.
Sebastian Beitlich, Informatiker aus Gotha: „Ich sehe den Wunsch Entgeltinformationen elektronisch zu übertragen. Jedoch ist der Weg über eine zentrale Sammelstelle überflüssig und gefährlich. Daher meine Beteiligung an der Beschwerde. Es müsste nur ein Übertragungsstandard etabliert werden, so dass die jeweils zwei involvierten Parteien, auf Wunsch des Betroffenen die Daten einmalig, zweckgebunden und sicher austauschen können.„
Bernd Schreiner, politischer Geschäftsführer der PIRATEN Thüringen kommentiert die Verfassungsbeschwerde folgendermaßen: „Als selbstständiger Architekt kann ich an dieser Verfassungsbeschwerde leider nicht teilnehmen, auch wenn ich sie inhaltlich voll unterstütze. Die zentrale Speicherung und die Möglichkeiten der Auswertung ist gegen alle bisherigen Grundsätze der Datensparsamkeit, Vorratsspeicherung und Privatsphäre.„
Die Verfassungsbeschwerde wird am 31. März 2010 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Ob sie erfolgreich ist, wird sich vermutlich frühestens in einigen Monaten herausstellen.