Das bis vor kurzen totgesagte Zensurgesetz wurde von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet. Die Presseabteilung des Präsidialamtes schrieb dazu:
„Es bestanden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die ihn an einer Ausfertigung gehindert hätten. Der Bundespräsident geht davon aus, dass die Bundesregierung entsprechend ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2010 nunmehr „auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes“ Kinderpornographie im Internet effektiv und nachhaltig bekämpft.“
Was genau in dieser Stellungnahme steht wissen nur wenige Auserwählte, da die Stellungnahme nicht veröffentlicht wurde. Wie sich dies auf die laufenden Verhandlungen zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag auswirkt, der auch weitreichende Zensurmöglichkeiten und Einschnitte in die grundlegende Funktionsweise des Internets vorsieht, ist ebenso ungewiss, wie die Versprechen von CDU und FDP, das Zensurgesetz vorerst für ein Jahr ruhen zu lassen.
Die Bundesregierung und insbesondere die FDP, die sich im Wahlkampf als Bürgerrechtspartei zu profilieren versucht hat, steht nun vor dem Problem mit einem Gesetz konfrontiert zu sein, das sie nicht anwenden möchte. Um ihre eigenen Absichtserklärungen umzusetzen müsste nun eigentlich ein weiteres Gesetz verabschiedet werden, mit dem das Zugangserschwerungsgesetz außer Kraft gesetzt wird.
Am Montag, dem 22. Februar 2010 von 13.00 bis 16.00 Uhr, wird die Anhörung zur „Zensursula“-Petition im Petitionsausschuss behandelt. Die Petition wurde von mehr als 134.000 Menschen unterzeichnet. Auch wenn wenig Hoffnung besteht, dass das Gesetz hier gekippt wird. Es wird interessant zu beobachten, ob die Regierung auf die bisher zeichnungsstärkste Petition ihrer Wähler eingeht.
Foto von Bernd Brincken, cc-by-na